Asylstreit zwischen CDU und CSU: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Die Union vertagt ihren Asylstreit auf nach dem EU-Gipfel. Seehofer will dann Flüchtlinge abweisen. Merkel sagt: Es gibt keinen Automatismus.

Horst Seehofer blickt nach links, hinter blickt Angela Merkel von einem Fernsehbildschirm herunter

Das letzte Wort ist längst noch nicht gesprochen Foto: dpa

BERLIN/MÜNCHEN rtr/dpa/taz | CDU und CSU streiten weiter über den Kurs in der Asylpolitik. In Berlin tagten am Montag der CDU-Vorstand, in München der CSU-Vorstand. Ein Kompromiss ist aber auch danach nicht absehbar. SPD-Chefin Nahles fordert wegen des Asylkonflikts die Einberufung eines Koalitionsgipfels. US-Präsident Donald Trump gibt unterdessen seinen Senf dazu und schaltet sich per Twitter ein.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnt Innenminister Horst Seehofer (CSU) im Streit um die Zurückweisung bestimmter Flüchtlinge an der Grenze vor einem Alleingang. Es sei eine „Frage der Richtlinienkompetenz“, in anderen Staaten registrierte Flüchtlinge zurückzuweisen, sagte Merkel am Montag in Berlin. Sie erklärte, CDU und CSU hätten das gemeinsame Ziel, den Zustrom von Flüchtlingen zu vermindern. Dabei wolle die CDU aber nicht unilateral, unabgesprochen und zu Lasten Dritter handeln. Eine unabgestimmte Zurückweisung von Flüchtlingen könne einen Domino-Effekt auslösen und die europäische Einigung gefährden. Sie sagt zudem, sie glaube, es lohne sich, CDU und CSU beieinander zu halten.

Nach der zeitgleich laufenden Tagung des CSU-Vorstandes in München erklärte Bundesinnenminister Horst Seehofer, er sehe einen „grundlegenden Dissens“ mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Frage, ob künftig mehr Flüchtlinge an der Grenze zurückgewiesen werden sollen. „Es geht neben der Funktionsfähigkeit eines Rechtsstaats auch um die Glaubwürdigkeit meiner Partei“.

Er wolle auch nicht darüber spekulieren, ob ihn die Kanzlerin entlässt, falls er einen nationalen Alleingang bei Zurückweisungen durchzieht. „Darüber rede ich heute nicht. Step by step“, sagte Seehofer. Er unterstütze aber auch die Bemühungen der Kanzlerin, bilaterale Abkommen mit anderen EU-Staaten in der Asylpolitik zu schließen.

Merkel soll innerhalb von zwei Wochen ausloten, welche europäischen Länder bereit sind, Flüchtlinge zurückzunehmen, die dort schon einmal registriert wurden. „Es geht nicht um 14 Tage, es geht um einen grundlegenden Dissens“, sagte Seehofer dazu. „Ich habe im Vorstand mehrfach darauf hingewiesen, dass wir noch längst nicht über den Berg sind.“

SPD-Vorsitzende Andrea Nahles sagte am Montag in Berlin: „Das hat dem Ansehen der Politik in Deutschland geschadet und vor allem auch dem Ansehen Deutschlands in Europa.“ Sie rufe den Koalitionsausschuss noch vor dem für den 28./29. Juni geplanten EU-Gipfel an. Es wäre der erste Koalitionsgipfel in der knapp 100 Tage währenden Regierungszeit der großen Koalition von Union und SPD.

Unerwartet schaltete sich am Montag auch US-Präsident Donald Trump in die deutsche Asyldebatte ein. Die Deutschen wendeten sich gegen ihre bereits „schwache“ Regierung, erklärte Trump auf Twitter. Es sei in ganz Europa ein Fehler gewesen, Millionen Menschen aufzunehmen, die die dortige Kultur stark verändert hätten.

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