piwik no script img

Demo verpasst

Polizei hält in Goslar linke Demonstranten auf

Von Reimar Paul

Mehr als 3.000 Menschen haben am vergangenen Samstag in Goslar friedlich gegen einen Aufmarsch von knapp 300 Neonazis demonstriert. Viele Demonstranten kamen allerdings zu spät. Während die mit dem Zug anreisenden Rechtsextremen durch Beton im Gleiskörper und einen in Brand gesetzten Kabelschacht aufgehalten wurden, stoppte die Polizei rund um Goslar herum Busse mit anreisenden Nazi-Gegnern. Eine Gruppe aus Göttingen etwa hinderten die Beamten gut zwei Stunden lang an der Weiterfahrt. Als die Göttinger schließlich in Goslar ankamen, war die Demo gegen rechts schon vorbei.

Die „Basisdemokratische Linke“ aus Göttingen wertet das Vorgehen als „Teil einer polizeilichen Spaltungsstrategie“. Es sei kein Zufall gewesen, dass die Busse so lange festgehalten wurden, wie die Demo durch Goslar zog. Insgesamt habe die Polizei ein gutes Drittel der Demonstranten auf dem Weg abgefangen, schätzt die „Basisdemokratische Linke“.

Die Polizei wiederum hatte ihre Sperren mit „Gefahrenabwehr begründet“. Und nachgeschoben, dass sie in den gestoppten Bussen mehr als 400 Gegenstände sichergestellt hätten, darunter „diverse Schutzbewaffnungen und Stöcke“. Unsinn, kontern die Betroffenen. Die Beamten hätten vor allem farbige Tücher und Konfetti beschlagnahmt, die bei der bunten Demo zum Einsatz kommen sollten. Dem Goslarer Bündnis gegen Rechtsextremismus liegen nach eigenen Angaben Listen der sichergestellten Dinge vor, „in denen von T-Shirts, Pullovern und Basecaps die Rede ist“. Ein – nicht näher beschriebenes – Messer werde auch erwähnt.

Bereits am Samstag hatte das Bündnis den Vorwurf erhoben, der Staatsschutz habe mehrere Busunternehmen abtelefoniert und gefordert, wegen angeblich erwarteter Randale die für den Demo-Tag geschlossenen Verträge mit anreisenden Gruppen zu kündigen.

Für das Bündnis sind alle diese Maßnahmen gewissermaßen die Konsequenz aus der von der Polizeiführung geschürte Angst vor linksradikalen Ausschreitungen. So seien die Einwohner Goslars aufgefordert worden, am Demo-Tag möglichst zu Hause zu bleiben, Geschäfte sollten lieber geschlossen bleiben. Dass auf der anderen Seite mehrfach verurteilte Gewaltverbrecher durch die Stadt marschieren durften, war vorab kein Thema. Die Nazis, so hatte Goslars Polizeichefin Petra Krischker verlauten lassen, „halten sich an die Spielregeln“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen