Sergio Ramos im CL-Finale: Abräumer mit Tücke

Zum dritten Mal hintereinander holt Real Madrid den Titel in der Champions League. Wieder einmal hat daran Sergio Ramos seinen harten Anteil.

Sergio Ramos und Mohamed Salah im Zweikmpf

Das war's dann für Salah: Ramos hat mal wieder zugelangt Foto: AP

Der Andalusier gilt gemeinhin als der beste Innenverteidiger der vergangenen Dekade, und das liegt nicht nur an seinem hervorragenden Stellungsspiel. Sergio Ramos, 32, kennt wirklich jeden Zweikampftrick. Kniffe, die selbst im Wrestling ihre Wirkung nicht verfehlen würden.

Er ist ein Spieler, der das Fußball-Phrasenschwein in schrillen Tönen quieken lässt: rustikal, nickelig, mit allen Wassern gewaschen, ausgebufft. Man weiß ja, dass seine Sammlung an roten Karten durchaus opulent ist, und wenn Schiedsrichter Milorad Mazic und seine diversen Assistenten ihren Job am Samstagabend in Kiew halbwegs gut gemacht hätten, dann wäre Ramos auch im Finale der Champions League vom Platz geflogen.

Es ging um eine Szene im Strafraum von Liverpool, ein Vergehen, das bezeichnenderweise gar nicht geahndet wurde vom Referee. Ramos war auf Keeper Loris Karius zugelaufen. Der Fänger wurde erst vom Ellbogen des Real-Spielers und später dann doppelt hart vom Schicksal getroffen.

Karius ging nach der üblen Attacke von Ramos wie ein angeknockter Boxer zu Boden. Ob eine Gehirnerschütterung seine späteren Patzer begünstigte? Vielleicht. Warum er sich nicht behandeln ließ und seine Mitspieler nicht lautstark protestierten? Rätselhaft.

Ausloten der Grenzbereiche

Sicher ist jedenfalls, dass Ramos’ erste Abräumaktion das Spiel nachhaltig beeinträchtigte: Im Stil eines Ringers hatte er Liverpools Angreifer Mo Salah zu Boden gebracht und dessen Schulter so schwer verletzt, dass der Ägypter ausgewechselt werden musste. Danach war Liverpools Nervenkostüm angekratzt.

Man könnte also sagen: Ramos’ Ausloten der Grenzbereiche hat Madrid den Sieg gebracht: Er hat sich auf die neuralgischen Punkte des Gegners gestürzt wie ein Schakal auf seine Beute, den einen Spieler komplett ausgeschaltet, den anderen in den Nebel einer Bewusstseintrübung geschickt – und schon war die Sache für Real Madrid gelaufen.

Diese Art der sachlichen Abarbeitung einer Checkliste nötigte dem ZDF-Experten Oliver Kahn Respekt ab. Er wünschte sich dieses Raubein in sein imaginäres Team, weil er sich wohl auch für so einen abgefeimten Drecksack hält. Anders die Jünger der Church of Indignation, die auf Twitter ihr Unwesen treiben; sie verdammten Ramos für seine Untaten, schimpften ihn einen Bösewicht, dabei hat Sergio Ramos doch nur sein Spiel gespielt: Sein Wohnzimmer ist ein Tummelplatz für Fußballprofis, die wissen, wie man sich durchsetzt.

Die Regeln sind das eine, ihre Interpretation ist etwas anderes. Und methodisch ist sich Ramos auch treu geblieben. Man denke nur an die blutigen Scharmützel, die er sich im 2016er-Finale mit Stürmer Mario Mandzukic (Atletico Madrid) geliefert hat. Diese Partie ging als partido barbaro in die Fußballgeschichte ein. Wir dürfen also von einem zivilisatorischen Fortschritt sprechen.

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