„Schwarze Liste“ bei der Fußball-WM: Seppelt negativ getestet
Das wird für politischen Wirbel sorgen: Dopingexperte Seppelt erhält kein Visum für die Fußball-WM in Russland. Die ARD, für die er berichtet, ist empört.
BERLIN dpa | Russland verweigert dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt das Visum für die Fußball-Weltmeisterschaft. Das vom SWR für ihn beantragte Visum für die Titelkämpfe vom 14. Juni bis 15. Juli sei für ungültig erklärt worden, teilte der öffentlich-rechtliche TV-Sender am Freitag mit.
Seppelt stehe auf einer Liste der in Russland „unerwünschten Personen“ und könne daher nicht in die Russische Föderation einreisen. Nähere Angaben zu den Hintergründen seien nicht gemacht worden, teilte der Sender mit.
„Die ARD betrachtet dies als einen einmaligen Vorgang in der Geschichte des ARD-Sportjournalismus und im Hinblick auf die Berichterstattung über Großereignisse wie die Fußball-WM als beispiellosen Eingriff in die Pressefreiheit“, hieß es in der Mitteilung. Bei Sportgroßereignissen wie der Fußball-WM oder den Olympischen Spielen sei der freie Zugang für Medienvertreter aus aller Welt üblicherweise selbstverständlich und gehöre auch zu den Voraussetzungen für die Vergabe an Ausrichterländer.
Seppelt ist durch seine Beiträge zum Thema Doping bekannt geworden, die seit 2009 im Ersten ausgestrahlt werden. Er trug damit maßgeblich dazu bei, das russische Doping-System aufzudecken. Arbeitsschwerpunkte des 55-jährigen Berliners sind die Themen Doping, Sportpolitik und Olympia. Zuletzt sorgte er vor den Olympischen Winterspielen in Südkorea im Februar mit Beiträgen über das mutmaßliche Staatsdoping in Russland und die Manipulationsmöglichkeiten an Dopingprobenbehältern für Aufsehen. Im März verlängerte die ARD den Vertrag mit dem Autoren.
Der vielfach ausgezeichnete Journalist hat 2016 den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis bekommen, weil er nach Auffassung der Jury „Licht ins Dunkel mächtiger internationaler Dopingnetzwerke“ bringt und „heftigen Widerstand von internationalen Sportorganisationen, Funktionären und Verkäufern glitzernder Großereignisse“ provoziert. Für seine Sportsendungen „Geheimsache Doping. Im Schattenreich der Leichtathletik“ und „Wie Russland seine Sieger macht“ (beide ARD) war Seppelt zuvor bereits der Deutsche Fernsehpreis (Kategorie Sportsendung) zuerkannt worden.
„Mit großem Unverständnis habe ich zur Kenntnis genommen, dass Hajo Seppelt die Einreise zur Fußball-WM nach Russland verweigert werden soll“, sagte ARD-Programmdirektor Volker Herres. „Das ist für mich kein Zeichen von Respekt vor der Tätigkeit eines investigativen Journalisten, sondern eher dafür, dass man unangenehmen Themen gegenüber lieber die Augen verschließt. Ich kann nur hoffen, dass die politischen Verantwortlichen ihre Entscheidung noch einmal überdenken werden“, sagte Herres.
Leser*innenkommentare
xxxLCxxx
Wie schön, dass sich nach all den Skandalen so viel geändert hat. Auf den Fußball und unsere Medien ist eben Verlass! :-P
felis faber
Laut WADA steht Russland in der Doping-Liste 2016 auf Platz 6, gemeinsam mit Indien. Davor stehen Belgien, Australien, USA, Frankreich, und an der Spitze Italien. https://www.wada-ama.org/sites/default/files/resources/files/2016_adrvs_report_web_release_april_2018_0.pdf
Recherchiert Seppelt auch gegen diese Länder, oder macht er nur anti-russische Propaganda?
Pfanni
Ich weiß nicht, ob Putin meine Oma kannte. Jedenfalls hat er eines ihrer Prinzipien befolgt: „Wenn du ein Problem nicht lösen kannst, dann löse dich von dem Problem!“.
Das Problem ist dabei nicht das russische Dopingsystem „an sich“, sondern dessen Bekanntwerden. Folgerichtig „löst“ Putin sich von Hajo Seppelt (und wahrscheinlich auch einigen seiner Kollegen).
Das Problem ist gelöst. Denn ein Problem, das nicht bekannt wird, ist kein Problem!
Woher nimmt Putin nur immer diese genialen Geistesblitze?
Weidle Stefan
TV Übertragungen einstellen, Mannschaft abmelden und zum Tagesgeschäft übergehen, ohne dass das Thema WM in Russland nochmal in irgend einer Form angeschnitten wird.
Aber was red ich, bei Fußball sind alle hohl und jubeln und wären sogar stolz, wenn der Jogi und seine Jungs in Kambodscha gegen die Mannschaft der roten Khmer gewonnen hätte. Merke: „Ich mach mir nix aus Politik, ich bin nur hier um guten Fußball zu spielen“!
Eimsbüttler
Jetzt werden ARD, DFB und Bundesregierung sicherlich knallhart reagieren und keine Delegationen nach Moskau entsenden.