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Der Siegesflug der Falken im Weißen Haus

In den USA setzen neue Sicherheitsberater eine harte Iran-Politik durch. Und kaum hat Trump das Atomabkommen aufgekündigt, bringen sich Israel und Saudi-Arabien mit Drohgebärden in Stellung. Auch im Iran brennt das Sternenbanner

Aus New York Dorothea Hahn

Zwei Tage nachdem Donald Trump einseitig das internatio­nale Iran-Atomabkommen aufgekündigt hat, konzentriert das Weiße Haus sich auf einen weit entfernten anderen Krisenschauplatz, Nordkorea. Hier feiern Trump und seine Anhänger diplomatische Erfolge und wittern schon den Friedensnobelpreis.

Die öffentliche Eskalation gegenüber Teheran hingegen überlässt Trump den Regierungen der beiden einzigen Länder, die ihn zu seiner Iran-Politik beglückwünscht haben: Israel und Saudi-Arabien. Doch im Hintergrund diskutiert Washington bereits die Verschärfung seiner Sanktionen gegen den Iran „möglicherweise schon in der nächsten Woche“, so Sprecherin Sarah Sanders, sowie eine Ausweitung des Drucks auch auf europäische Länder, die ihren Handel mit Teheran fortsetzen (siehe unten).

In einer unmissverständlichen Erklärung stellt sich das Weiße Haus hinter die massiven israelischen Bombardements in Syrien. „Wir unterstützen das israelische Recht auf Selbstverteidigung“, heißt es in der Erklärung, die zugleich „iranische Provokationen“ verantwortlich macht. Am selben Morgen verlautet aus Riad, dass Saudi-Arabien seinerseits mit der Entwicklung einer Atombombe reagieren werde, falls der Iran zu seinem Atomprogramm zurückkehre. Auch das passt gut in den Aufbau der neuen Washingtoner Drohpositionen.

Das ist das Iran-Abkommen

2016 tritt das Abkommen zwischen dem Iran und den sechs Garantiemächten USA, Russland, China, Großbritannien, Frankreich und Deutschland in Kraft. Es verpflichtet den Iran, auf Atomwaffen zu verzichten. Dafür werden die Sanktionen gegen die Islamische Republik gelockert.

Kontrollinstanz ist die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), die sicherstellen soll, dass das Atomprogramm von Iran nur noch zivilen Zwecken dient. Die Behörde berichtete 2015, dass es seit 2009 keine Hinweise auf einen Bruch des Abkommens vonseiten Irans gegeben hätte.

Trump konnte das Iran-Abkommen dank einer Routine aufkündigen, die so alt ist wie das Abkommen selbst. Sein Vorgänger, Präsident Barack Obama, hatte es im Jahr 2015 vermieden, das Iran-Abkommen als internationalen Vertrag einzuführen. Denn um einen solchen in Kraft zu setzen, hätte er eine Zweidrittelmehrheit im Senat gebraucht. Diese Mehrheit hatte er nicht. Zwar war schon die Regierung seines republikanischen Amtsvorgängers, George W. Bush, an der Anbahnung der Iran-Gespräche beteiligt gewesen. Aber seit Obamas Amtsantritt begegneten ihm die RepublikanerInnen im Kongress mit einer feindseligen Blockadehaltung gegen sämtliche politische Vorhaben. Auch einige demokratische Kongressabgeordnete sprachen sich dagegen aus.

Um das Abkommen stärker zu kontrollieren, brachten ein Republikaner und ein Demokrat das Rezertifizierungsgesetz in den Kongress ein, das den Präsidenten – und seinen Nachfolger – verpflichtete, alle drei Monate erneut zu prüfen, ob der Iran sich weiterhin an die Bedingungen des Abkommens hält.

Trump hat das Iran-Abkommen schon in seinem Wahlkampf heftig bekämpft. Damals wie heute redet er darüber, als handele es sich um ein bilaterales Versagen von Oba­ma – und nicht um ein internationales Abkommen, zu dessen anderen Unterzeichnern die engsten Verbündeten der USA gehören, die alle weiter an dem Abkommen festhalten. Nach seinem Amtsantritt hat Trump vor jeder neuen Rezertifizierung des Abkommen ein internationales Psychodrama provoziert, aber letztlich widerstrebend daran festgehalten.

Vor jeder Rezerti-fizierung hat Trump ein internationales Psychodrama provoziert

Das galt, solange er noch ein Team im Nationalen Sicherheitsrat und im Außenministerium hatte, das ihn zum Festhalten am Iran-Abkommen drängte. Doch seit dem letzten Rezertifizierungstermin hat Trump die Mahner durch Falken ersetzt: Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo sind beide erklärte Gegner des Iran-Abkommens. Verteidigungsminister James Mattis, der in dem Iran-Abkommen das kleinere Übel sieht, ist damit in die Minderheit geraten.

Seit Trumps Ausstieg aus dem Iran-Abkommen sind die Bilder einer brennenden US-Fahne in Teheran vielfach über die US-Fernseher geflimmert. Diese Bilder und die Rufe nach „Tod den USA“ schüren die Stimmung für Trump. Die Demonstrationen gegen Trumps gefährliche Iran-Politik sind hingegen winzig. Die Frauengruppe Code­Pink versucht es anders. „Wir entschuldigen uns bei dem iranischen Volk“, lautet eine Petition, die sie in der Nacht zu Donnerstag ins Netz gestellt hat. Bis Redaktionsschluss der taz haben knapp 5.000 Personen unterschrieben.

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