Berliner Wochenkommentar II: Stellt mehr Künstlerinnen aus!
Eine Studie des Instituts für Strategieentwicklung (IFSE) zeigt die Benachteiligung von Frauen in der Kunst.
Jetzt sind sie da, die Zahlen, auf die viele bildende Künstlerinnen in Berlin lange gewartet haben. Eine Studie des Instituts für Strategieentwicklung (IFSE) bestätigte die Vermutung, dass Frauen in der bildenden Kunst nicht nur unterrepräsentiert sind, sondern auch schlechter bezahlt werden als Männer.
Ein Gender-Gap von 28 Prozent und ein sogenannter Show-Gap (es werden mehr Männer als Frauen ausgestellt) von 22 Prozent – das sind deutliche Unterschiede. Das schlägt sich auch im Einkommen nieder: Während Männer knapp 11.600 Euro brutto im Jahr verdienen, bekommen Frauen gerade mal 8.300 Euro.
Die Ergebnisse sind nicht überraschend – aber erschreckend. Ausgerechnet in der Kunstszene, wo man sich so gern mit Gleichstellung und Gerechtigkeit brüstet, sind die Unterschiede eklatanter als im ohnehin schon desaströsen Bundesdurchschnitt. Es sind Zahlen, die sich mit großer Wahrscheinlichkeit auf andere Kultursparten wie Schauspiel, Musik oder Tanz übertragen lassen.
Dringender Handlungsbedarf
Der Kultursektor ist durch und durch zu weiß und zu männlich. Das wird auch daran deutlich, dass unter den bildenden Künstlerinnen fast ein Drittel „Me too“ gerufen hat – der sexuelle Machtmissbrauch betrifft die Kunst ebenso wie jede andere Sparte in der Gesellschaft. Zu Recht sehen sowohl die Sprecherin des Berufsverbandes Bildender Künstler*innen Berlin (bbk) Cornelia Renz als auch Gabriele Kämper von der Geschäftsstelle Gleichstellung dringenden Handlungsbedarf aufseiten der Berliner Kulturpolitik. Nur wenn Gewaltstrukturen benannt und aufgehoben werden, kann Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft eine angemessene Rolle ermöglicht werden.
Es geht eben nicht nur um Kunst – es geht um ein strukturelles Problem unserer Gesellschaft. Um patriarchale, sexualisierte Unterdrückungsmechanismen. Um Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes. Diese Strukturen müssen gebrochen werden, um Frauen, auch in der Kunst, überhaupt erst dahin zu bringen, wo sie hingehören: nämlich gleichberechtigt und gleichgestellt neben männliche Künstler.
Aber das bloße Gefühl von Ungerechtigkeit alleine reicht nicht. Für Veränderung braucht es politische Entscheidungen, und für diese braucht es Fakten. Daher sollten sich andere (Kultur-)Sparten durch die Studie des IFSE ermutigt fühlen, auch ihre Strukturen statistisch auswerten zu lassen, und die Ergebnisse der Politik vorlegen. Und dann gibt da ja immer noch die Möglichkeit einer Quotierung – auch in der bildenden Kunst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies