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Angst vor Handelskrieg

Ob Berlin, Peking oder Brasília: Weltweit verlangen Regierungen Ausnahmen für die vom US-Präsidenten angekündigten Strafzölle auf Stahl und Aluminium

Aus Brüssel und Berlin Eric Bonse und Kai Schöneberg

Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Importzölle sind weltweit auf Ablehnung gestoßen. Ob Berlin, Peking oder Brasília: Viele Regierungen drängten am Freitag darauf, ihre Länder von den Abgaben zum Schutz der amerikanischen Stahl- und Aluminiumindustrie auszuklammern. Enge Handelspartner wie die EU, Japan und Südkorea warfen Trump Protektionismus vor. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte vor einer globalen Vergeltungsspirale und einem Handelskrieg. „Keiner würde in einem solchen Wettlauf gewinnen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in München. Jetzt müsse mit den USA verhandelt werden. Sie plädierte für ein Handelsabkommen wie das von Trump auf Eis gelegte TTIP, das Barrieren abbaue und keine hinzufüge.

Trump hatte sich am Donnerstagabend über die seit Tagen anhaltende Kritik aus dem In- und Ausland hinweggesetzt und wie angedroht Zölle von 25 Prozent auf Stahlimporte und zehn Prozent auf Aluminiumeinfuhren verhängt. Diese sollen in zwei Wochen in Kraft treten. Billige Importe, besonders aus China, gefährdeten die heimische Branche. „Ohne Stahl hat man keinen Staat“, sagte er im Beisein von US-Metallarbeitern. Kanada und Mexiko sind zunächst von den Zöllen ausgenommen. Sollten sie jedoch aus Trumps Sicht keine ausreichenden Zugeständnisse bei den laufenden Neuverhandlungen des nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta machen, kann sich das ändern.

Auf Dialog mit Washington setzte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Brüssel. Falls das fruchtlos bleiben sollte, werde die EU eigene Maßnahmen ergreifen – doch bis sie in Kraft treten, könnten bis zu 90 Tage vergehen. Die angedrohten europäischen Strafzölle auf Levi’s Jeans, Bourbon-Whiskey oder Erdnussbutter dürften nicht vor April in Kraft treten – wenn überhaupt. Denn: Noch hofft die EU, dass alles nur ein großes Missverständnis ist und Europa von den US-Zöllen ausgenommen wird. Es sei nicht „kristallklar, wie die Ausnahmen festgelegt werden“, sagte Kommissionsvize Jyrki Katainen. Erste Aufschlüsse erhoffe man sich von einem Treffen mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer an diesem Samstag. Allerdings sei hier noch kein Durchbruch zu erwarten. Von Europas Stahl gehe keine Gefahr für die Sicherheit Amerikas aus, so Katainen: „Wir sind ein Alliierter, keine Bedrohung.“

Die EU versucht indes weiter, die Führungsrolle der USA beim Welthandel zu übernehmen – mit immer neuen Freihandelsabkommen. Malmström berichtete, dass die Verhandlungen mit Japan und dem lateinamerikanischen Staatenbündnis Mercosur weit fortgeschritten seien. Zuletzt war das CETA-Abkommen mit Kanada abgeschlossen worden. Auch mit Großbritannien ist nach dem EU-Austritt 2019 ein Freihandelsdeal geplant. Besorgt äußerte sich die EU-Kommission über mögliche Spaltungsversuche aus Washington. „Wir wollen, dass die EU als Handelsblock gesehen wird“, betonte Katainen. Dazu gehöre auch Großbritannien; Sonderrechte für London könne es nicht geben.

Für Verstimmung sorgt in Brüssel auch Trumps Seitenhieb auf angeblich zu niedrige Verteidigungsausgaben in der Nato. „Nato-Fragen und Handel sind vollständig unterschiedliche Dinge“, sagte Katainen. Für die EU gehe es nur um den Handel. Allerdings ist bereits geplant, die europäische Verteidigung massiv auszubauen. Der britische Handelsminister Liam Fox sagte, es wäre „absurd“, sein Land aus Gründen der nationalen Sicherheit mit Zöllen zu belangen.

Die Auswirkungen der US-Zölle auf die unmittelbar betroffene Schwerindustrie sind offenbar überschaubar. Das lässt sich an den Zahlen ablesen: Rund 36 Millionen Tonnen Stahl haben die USA im vergangenen Jahr importiert, etwa acht Prozent der weltweit gehandelten 473 Millionen Tonnen. Die Experten der Beratungsfirma Wood Mackenzie erwarten, dass maximal 18 Millionen Tonnen wegen der Zölle nun auf anderen Märkten – etwa Europa – landen könnten.

Für die hiesigen Hersteller hat der US-Markt zudem kaum Bedeutung. Unter den Top-Ten-Stahlexporteuren in die USA belegt Deutschland mit einem Anteil von 3,7 Prozent Platz acht. Größer Lieferant ist Kanada. Insgesamt beläuft sich die Stahl-Menge, die aus Deutschland in die USA geliefert wird, auf eine Million Tonnen – die deutschen Hersteller produzieren 40 Mal so viel.

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