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Koalition streitet weiter

SPD wirft Grünen vor, eine Bafög-Initiative zu blockieren, weil die Sozis jüngst im Bundesrat beim Familiennachzug gegen die Koalitionslinie stimmten

Von Stefan Alberti

Der Koalitionsstreit um den Familiennachzug von Flüchtlingen hat ein Nachspiel. Auf Drängen der Grünen verschob der rot-rot-grüne Senat am Dienstag den aus Sicht der SPD eiligen Beschluss einer Bundesratsinitiative zum Bafög, dem staatlichen Unterstützungsprogramm für Studierende. „Reine Retourkutsche“, hieß es dazu ärgerlich bei den Sozialdemokraten. Vergangenen Freitag hatte sich Berlin der SPD wegen bei der Bundesratsabstimmung über den Familiennachzug von Flüchtlingen enthalten, obwohl das der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag anders vorsieht. Damit kommt es zur von der schwarz-roten Bundesregierung geplanten Begrenzung auf 1.000 nachziehende Angehörige.

Kultursenator Klaus Lederer als führender Kopf der Linkspartei sah darin eine „parteitaktisch motivierte Ergebenheitsadresse an eine mögliche kommende Bundesregierung“. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop von den Grünen kritisierte: „Die Berliner Koalition ist nicht der verlängerte Arm der Groko.“ Sie empfehle der SPD eine „schnelle Rückkehr zur gemeinsam beschlossenen Basis unserer Zusammenarbeit“.

Offiziell mochte SPD-Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Kracht, dessen Verwaltung die Initiative zu höherem Bafög erarbeitet hat, am Dienstag nicht von einer Retourkutsche sprechen: „Ich sehe keinen inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Bafög-Initiative und Verdruss bei den Grünen über das Abstimmungsverhalten im Bundesrat.“ Pops Sprecherin Svenja Fritz bestritt eine Retourkutsche: Die Senatorin habe sich noch mal im Detail die Frage des Wohngeldzuschusses anschauen wollen, einen inhaltlichen Dissens geben es nicht. „In zwei Wochen wird das wieder besprochen“, sagte sie der taz. Derartige Vertagungen bei grundsätzlich unstrittigen Themen sind im Senat äußerst unüblich.

Konkret geht es in der Bundesratsinitiative darum, das Wohngeld als Teil des Bafögs von derzeit 250 auf 300 Euro anzuheben und zusätzlich einen von den örtlichen Mietkosten abhängigen Zuschuss von bis zu 100 Euro zu beschließen. Der Bafög-Grundsatz soll sich zudem den wachsenden Lebenshaltungskosten anpassen. Verbesserungen beim Bafög strebt zwar auch die künftige Bundesregierung an, aber für Kracht eben nicht genug: „Unsere Inhalte gehen weit über das hinaus, was im Koalitionsvertrag auf Bundesebene steht.“

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