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„Rote Karte“ für die AfD illegal

Urteil in Karlsruhe: Bundesregierung hat kein „Recht auf Gegenschlag“ gegen rechte Polemik

Von Christian Rath

Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) durfte der AfD nicht symbolisch die „rote Karte“ zeigen. Das stellte jetzt das Bundesverfassungsgericht fest. Die Ministerin habe damit ihre Pflicht zur staatlichen Neutralität verletzt.

Im November 2015 hatte die AfD zu einer Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik der Regierung aufgerufen. Motto der Demo: „Rote Karte für Merkel“. Darauf konterte Wanka auf der Homepage ihres Ministeriums „Rote Karte für die AfD“. Die Demo unterstütze „Rechtsextreme, die offen Volksverhetzung betreiben“, hieß es in der Pressemitteilung des Ministeriums. Die AfD ging damals sofort zum Bundesverfassungsgericht und erwirkte eine einstweilige Anordnung. Wanka musste die Mitteilung von ihrer Homepage entfernen.

In der mündlichen Verhandlung argumentierte die Bundesregierung voriges Jahr, sie sei nur im Wahlkampf zur Neutralität verpflichtet. Auf polemische Angriffe müsse eine Ministerin auch polemisch antworten können. Die Regierung habe ein „Recht auf Gegenschlag“.

Diese Argumentation hat das Bundesverfassungsgericht nun in vollem Umfang zurückgewiesen. Die staatliche Neutralitätspflicht gelte auch außerhalb des Wahlkampfs. „Nach der Wahl ist vor der Wahl“, sagte Andreas Voßkuhle, der Präsident des Gerichts. Zwar dürfe die Regierung politischer Kritik entgegentreten. Aber dabei müsse sie das Regierungshandeln sachlich darstellen und sich mit der Kritik sachlich auseinandersetzen.

Auch auf polemische Angriffe dürfe die Regierung nicht mit einem polemischen Gegenschlag antworten. Das Prinzip „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“, gelte nicht. Schon in der Verhandlung hatte Voßkuhle spöttisch gefragt: „Wenn die Regierung mit Fake News angegriffen wird, darf sie dann auch mit Lügen antworten?“ Zwar hatte das Verfassungsgericht im Jahr 2014 dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck erlaubt, in einer Diskussion Anhänger der NPD als „Spinner“ zu bezeichnen. Der Zweite Senat betonte in seinem damaligen Urteil allerdings die Sonderstellung des Bundespräsidenten.

Die Verfassungsrichter stellten nun fest, Wanka habe das Recht der AfD auf Chancengleichheit verletzt. Ihre Pressemitteilung habe die AfD abgewertet. Mit der „roten Karte“ habe Wanka faktisch dazu aufgerufen, nicht an der AfD-Kundgebung teilzunehmen. Das hätte sie jedenfalls nicht auf der Homepage des Ministeriums tun dürfen.

Nach der Urteilsverkündung sagte AfD-Co-Parteichef Jörg Meuthen, das Vorgehen von Wanka sei ein Unding gewesen. „Das Urteil sollte auch anderen Regierungsmitgliedern eine Lehre sein.“

Cornelia Quennet-Thielen, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung, sagte in Berlin, die Ministerin sei „dankbar für die Klärung der Rechtslage und nimmt das Urteil selbstverständlich an“. Die politische Auseinandersetzung mit der Alternative für Deutschland halte Wanka „weiterhin für richtig und wichtig. Die Vorgaben des Urteils werden natürlich beachtet werden.“ (mit rtr)

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