: Ab in die Ausschüsse
Der Bundestag streitet über sachgrundlose Befristungen. Die SPD verteidigt den Koalitionskompromiss
Von Martin Reeh
Der Antrag der Linken zu sachgrundlosen Befristungen sei „scheinheilig“, resümierte Marc Biadacz von der CDU zum Schluss der Bundestagsdebatte am Donnerstag. Achtmal habe die Partei das Thema schon in der letzten Legislaturperiode auf die Tagesordnung gesetzt und ihm damit eine Bedeutung gegeben, die es nicht habe. Befristete Arbeitsverträge seien „kein Teufelswerk“, sondern ein Instrument, um Menschen Chancen zu geben: „Es ist besser, befristet in Arbeit zu kommen, als unbefristet arbeitslos zu bleiben.“
Die SPD hatte vor den Koalitionsverhandlungen das Ende sachgrundloser Befristungen zu einem ihre Knackpunkte erklärt und einen Teilerfolg erzielt: Statt wie bisher auf zwei Jahre, dürfen solche Verträge zukünftig nur noch auf 1,5 Jahre angelegt sein. In Betrieben mit mehr als 75 Beschäftigten dürfen zukünftig insgesamt nur noch 2,5 Prozent der Verträge sachgrundlos befristet sein. Weil der Linken dies nicht reicht, setzte sie das Thema jetzt erneut auf die Tagesordnung.
„Ich habe viele Menschen kennengelernt, die nicht wissen, ob sie sich die Miete im nächsten Monat noch leisten können“, sagte Susanne Ferschl (Linkspartei). Die im Koalitionsvertrag anvisierte Regelung reiche nicht aus: 96 Prozent der Beschäftigten arbeiteten in Betrieben mit weniger als 75 Menschen. Beate Müller-Gemmeke (Grüne) unterstützte den Linken-Antrag, wünschte sich aber in einem Detail andere Regeln: Existenzgründer sollten für eine gewisse Zeit die Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung haben.
Gabriele Hiller-Ohm verteidigte für die SPD den gefundenen Kompromiss: Es sei gelungen, „die Blockadehaltung der CDU/CSU aufzubrechen“. Derzeit seien fünf Prozent der Beschäftigten in großen Betrieben sachgrundlos befristet, in Zukunft dürfe es nur die Hälfte sein. 400.000 Menschen kämen dadurch in dauerhafte Stellen.
Die AfD versuchte sich im Spagat zwischen ihrem sozialpolitischen und wirtschaftsfreundlichen Flügel: „An die Kommunisten und Sozialisten im Saal: Hören Sie auf mit der Schelte der Privatwirtschaft“, sagte ihr Abgeordneter Sebastian Münzenmaier. Das eigentliche Problem seien nicht sachgrundlose Befristungen, sondern Kettenbefristungen mit Sachgrund. Der Antrag der Linkspartei wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD in die Ausschüsse überwiesen.
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