Kolumne Geht’s noch?: Mit Dorothee Bär zum Mars
Die CSU-Staatssekretärin greift in Sachen Digitalisierung gleich nach den Sternen. Wie wär’s erstmal mit Glasfaser auf dem Land in Deutschland?
D orothee Bär hat am Donnerstag im „ARD-Morgenmagazin“ etwas, nun ja, Bemerkenswertes gesagt: „Ich hoffe sehr, dass wir im Rahmen der Digitalisierung einen großen Wurf hinbekommen. Ich möchte, dass wir eher planen, mal wieder zum Mond zu fliegen oder zum Mars oder zur Venus, und nicht uns im Klein-Klein der Zuständigkeiten der Bundesländer verlieren.“ (Minute 3:49)
An welchen anderen CSU-Politiker erinnert einen noch dieses vollkommen zusammenhanglose Gelaber? Ach ja. „Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München, mit zehn Minuten, ohne, dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen …“ und so weiter.
Aber lassen wir das. Unterstellen wir Dorothee Bär mal, dass sie in Anlehnung an die Raumfahrtpläne von Internetgrößen wie Amazon-Chef Jeff Bezos oder Tesla-Chef Elon Musk deutlich machen wollte, dass wir auch in Deutschland groß denken und groß handeln sollten. Dann jedoch kommt der entscheidende Nebensatz von Bär: „Und uns nicht im Klein-Klein der Zuständigkeiten verlieren.“
Hm, Frau Bär, da stellt sich doch die Frage, wer nun schon seit mehr als zwölf Jahren im Bund regiert und es kein bisschen geschafft hat, aus dem „Klein-Klein“ herauszukommen? Richtig, CDU und CSU!
Ihre Bilanz: Deutschland liegt in einem OECD-Vergleich zum Ausbau von Glasfaseranschlüssen auf Platz 29. Von 34 Staaten. 1,8 Prozent der Breitbandanschlüsse waren Ende 2016 hierzulande Glasfaseranschlüsse. In Japan waren es knapp 75 Prozent, in Schweden 55 Prozent und in Mexiko 16 Prozent.
Es gibt kein vernünftiges Internet
Eigentlich könnten viele Jobs auch von zu Hause aus erledigt werden. Diese ganzen Medien-Kreativ-Was-weiß-ich-Sachen zum Beispiel. Oder der große Bereich Onlinehandel. Ländliche Regionen müssten eigentlich junge Familien anlocken können: Hier ist noch Platz, hier gibt es bezahlbaren Wohnraum, vielleicht sogar eine Kita. Aber es gibt eben kein vernünftiges Internet. Und schon war’s das mit dem Anlocken. Schlimmer noch: Es gibt auf dem Land Betriebe, die nicht an Ausschreibungen teilnehmen können, weil ihr Internetanschluss zu lahm ist. Also die, die noch da sind, sind vielleicht auch bald weg.
Die digitale Infrastruktur hierzulande ist einfach Mist und wird der veränderten Arbeitswelt nicht gerecht. Und Sie, Dorothee Bär, und Ihre Partei haben das (mit) verbockt. Also erzählen Sie bitte nichts vom Mond und vom Mars und von der Venus. Sorgen Sie lieber für schnelle Glasfaseranschlüsse. Jetzt. Hier. Bei uns. Um die Ecke.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja