: „Nicht so links eingestellt“
G20-Prozess
Jetzt füllen sie die Terminlisten der Hamburger Gerichte, die Prozesse gegen junge Männer, die während der G20-Proteste Polizisten angegriffen haben sollen. Der Prozess gegen Yannick M. fällt auf, weil in den sachlich-dürren Anmerkungen zur Anklage ein Detail zu den Flaschenwürfen auftaucht. „Nach jedem Treffer soll M. gejubelt und sich mit dem gesondert Verfolgten B. abgeklatscht haben“. Yannick M., so klingt es, muss einer dieser Krawall-to-go-Männer sein, für die Gewalt gelegentlich zu einem gelungenen Abend gehört.
Yannick M. ist 20 Jahre alt, kurz geschorene helle Haare, muskulöse Arme in einem weißen T-Shirt. Schräg gegenüber sitzt eine Frau in Jeans und hohen Lederstiefeln. „Es ist immerhin mein Kind“, hat sie gesagt, als sich die Journalisten in der ersten Bank beschweren, dass sie sich ganz nach vorne setzt.
Yannick M. hat mehrere Wochen in Untersuchungshaft gesessen, weil er seit einiger Zeit keinen festen Wohnsitz hat. Er ist beim Vater rausgeflogen, in der Wohngruppe, in der WG. Vor Gericht steht er nicht nur wegen der Flaschenwürfe, sondern auch, weil er 2016 einen Mann, der bereits am Boden lag, mit Füßen getreten haben soll.
M. gibt die Flaschenwürfe gleich zu Beginn zu. Eigentlich, so sagt M., habe er im Park mit Freunden getrunken, dort hätten sie gehört, dass vor der Flora demonstriert wurde: „Wir wollten uns angucken, was da abgeht.“ „Sind Sie politisch interessiert?“, fragt die Richterin. „Ich bin politisch nicht so links eingestellt“, antwortet Yannick M. Warum er geworfen habe? Wahrscheinlich wegen des Adrenalins und des Alkohols, sagt M. „Eigentlich hege ich keinen Hass gegen die Polizei“, sagt er. Und dass er davon ausgegangen sei, dass die Beamten durch die Schutzkleidung geschützt seien.
M. beantwortet alle Fragen, erst stockend, dann flüssiger. „Sie haben sich nicht geschont“, lobt ihn die Richterin. Dennoch muss er bis zum nächsten Verhandlungstermin wieder in Haft. Seine Situation sei zu unklar, um ihn auf freien Fuß zu setzen, sagt die Richterin. Seine Mutter bricht in Tränen aus. Grä
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