: Ehe für äh …
Sprachlos Es lief gut für Wolfgang Schäuble in der ARD – wäre da nicht dieses eine Thema gewesen
Wer dem Duell der KanzlerkandidatInnen Angela Merkel und Martin Schulz schon bescheinigt hat, nur ein Duett gewesen zu sein, den wird das Zusammentreffen des CDU-Bundesfinanzministers mit dem grünen Spitzenkandidaten Cem Özdemir bei „Anne Will“ am Sonntagabend in der ARD noch ratloser zurückgelassen haben. Denn der größte Unterschied zwischen den beiden scheint zu sein, dass der eine in Baden und der andere in Württemberg geboren wurde.
Es lief also eigentlich ganz gut für Schäuble, wenn da nicht dieses eine Thema gewesen wäre, auf das ihn die Moderatorin im zweiten Teil der Sendung ansprach. „Wir haben darüber auch lange und intensiv diskutiert.“ Es sei „einfach so: Wir wissen, dass eine große Mehrheit in der Bevölkerung dieser Auffassung ist.“ Anne Will hakte nach: „Welcher Auffassung? Mögen Sie es gar nicht aussprechen?“Nein, Wolfgang Schäuble wollte es nicht aussprechen.
Die Worte „Schwule“, „Lesben“ und „Ehe für alle“ kamen ihm einfach nicht über die Lippen – ganz so, als handele es sich um etwas Unanständiges. Stattdessen baute er kaum auflösbare Schachtelsätze, verhaspelte sich, wirkte plötzlich unsicher. Er habe halt „die traditionelle Auffassung“, so wie es im Grundgesetz stehen würde, sagte er. Also dass „natürlich“ unter Ehe und Familie „die Partnerschaft zwischen Mann und Frau“ zu verstehen sei. Es war ihm anzumerken, wie unangenehm das Thema für ihn war. Özdemir amüsierte sich sichtlich. Zumindest kulturelle Unterschiede bestehen dann doch noch.
Aber Schäuble ist eben auch ein pragmatischer Konservativer. Es habe im Bundestag eine Mehrheit dafür gegeben, „dann ist es auch okay“, sagte er. Thema abgeräumt. Wenn auch mit Bauchgrimmen. Aber es sei schließlich „nicht die zentrale Frage über die deutsche Zukunft“.
Gleichwohl gab er an, „darüber“ auch viel mit seinen erwachsenen Kindern gesprochen zu haben. Solche Gespräche hielten „einen davon ab, dass man glaubt, die Vorstellungen meiner Großeltern seien auch für das 21. Jahrhundert die besseren“. Ein Erkenntnisgewinn.
Pascal Beucker
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