Messerangriff in Hamburg: Der Täter war den Behörden bekannt

Der abgelehnte palästinensische Asylbewerber wurde als Islamist eingestuft. Sein Motiv ist aber weiterhin unklar. Die Verletzten sind inzwischen außer Lebensgefahr.

Zwei Männer an einem Rednerpult, dahinter eine holzvertäfelte Wand mit Hamburg-Logo

Geben Auskunft: Hamburgs Innensenator Andy Grothe (links) und Polizeipräsident Ralf Martin Meyer Foto: dpa

Hamburg dpa | Der Messer-Angreifer von Hamburg ist den Sicherheitsbehörden als Islamist bekannt gewesen. Es habe Anzeichen für eine Radikalisierung gegeben, sagte Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) am Samstag.

Das Motiv für den Angriff, bei dem ein Mann getötet und mehrere Menschen teils schwer verletzt wurden, ist noch immer unklar. Bei dem Mann gebe es einerseits Hinweise auf religiöse Beweggründe und islamistische Motive, aber auch auf eine „psychische Labilität“, sagte Grote. Die Polizei gehe von einer Gemengelage aus und wisse noch nicht, was letztlich den Ausschlag für den Angriff gegeben habe.

Gegen den abgelehnten palästinensischen Asylbewerber, der in den Vereinigten Arabischen Emiraten geboren wurde, soll ein Antrag auf Haftbefehl wegen Mordes und fünffachen versuchten Mordes gestellt werden. Ob dies aber letztlich geschehe, sei wegen der psychischen Auffälligkeiten des Mannes noch offen, sagte Jörg Fröhlich von der Staatsanwaltschaft Hamburg. Der Generalbundesanwalt behalte sich vor, den Fall zu übernehmen.

Der Mann hatte am Freitag im Stadtteil Barmbek unvermittelt auf Menschen eingestochen. Ein 50-Jähriger starb, laut Polizei wurden sechs Menschen verletzt, nach Grotes Angaben waren es sieben. Den Ermittlern zufolge gibt es keine Hinweise auf Hintermänner oder ein Unterstützer-Netzwerk. Der Mann handelte möglicherweise spontan. Kathrin Hennings von der Hamburger Polizei schilderte, dass er in dem Supermarkt ein Messer genommen, aus der Verpackung gerissen und auf Anwesende eingestochen habe.

Die bei der Messerattacke verletzten Menschen sind nach den Worten von Grote außer Lebensgefahr. Der Innensenator sprach von einer „erbärmlichen, verachtenswerten Tat“ eines Menschen, der offensichtlich als Schutzsuchender nach Deutschland gekommen sei. Der Angriff habe die Opfer wie aus dem Nichts getroffen. „Es hätte jeden von uns genauso treffen können“, sagte Grote.

Kooperativ bei der eigenen Ausreise

Der Angreifer sei ausreisepflichtig gewesen und habe sich im Ausreiseverfahren befunden, sagte Grote. Er sei den Behörden als Islamist bekannt gewesen, nicht aber als Dschihadist. Man sei nicht zu der „Einschätzung einer unmittelbaren Gefährlichkeit“ gelangt. Der Mann ist offenbar auch weder in Deutschland noch im Ausland vorbestraft, sagte Fröhlich. Ein Diebstahlverfahren gegen ihn wurde den Angaben zufolge wegen Geringfügigkeit eingestellt.

Der Palästinenser habe gegen seinen negativen Asylbescheid keine Rechtsmittel eingelegt und auch bei der Organisation von Passersatzpapieren mitgewirkt, berichtete Grote. Der 26-Jährige sei willens gewesen auszureisen. Noch am Freitag habe er sich bei der Ausländerbehörde erkundigt, ob seine Passersatzpapiere eingetroffen seien. Polizeipräsident Ralf Meyer sagte, der Mann sei in dieser Hinsicht eine „fast vorbildhafte Person“ gewesen.

Der Hamburger Innenstaatsrat Bernd Krösser erklärte, der Angreifer sei 2015 nach Deutschland eingereist. Zuvor sei er in Norwegen, Schweden und Spanien gewesen. Über Norwegen sei er im März 2015 nach Deutschland gekommen, zunächst nach Dortmund. Von dort aus sei er im klassischen Asylverteilungsverfahren nach Hamburg weitergeleitet worden. Hier habe er schließlich im Mai 2015 einen Asylantrag gestellt.

„Wir gehen im Moment von einem Einzeltäter, einem zumindest psychisch labilen Einzeltäter aus“, sagte Grote. Es müsse nun aber geprüft werden, ob die Sicherheitsbehörden allen Hinweisen immer in angemessener Weise nachgegangen seien,

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