: Dürfen Polizisten die Sau rauslassen?
Gelage Nach einer ausgelassenen Party in ihrer Container-Unterkunft, einem ehemaligen Flüchtlingslager, sind drei für den G-20-Gipfel eingeplante Berliner Hundertschaften in ihre Heimatstadt zurückbeordert worden. Nun ist der Berliner Polizeichef sauer
Natürlich spielt Schadenfreunde eine Rolle, wenn über die Entgleisungen der Berliner Bereitschaftspolizisten in Hamburg gesprochen wird. Aber das ist ein gutes Zeichen: Ein gesundes Rest-Unbehagen gegen die Autorität ist geblieben – in einer Zeit, in der nach Gesetzesverschärfungen jeder für eine menschliche Reaktion gegenüber Polizisten in den Knast gehen kann.
Klar kann man sagen, dass jedem, auch Polizisten, vergönnt sein soll, ausgelassen zu feiern. Und vielleicht richten auch jene Beamten viel mehr Schaden an, die während der G-20-Demonstrationen ihre Knüppel nicht im Griff haben.
Aber ob sich eben jene Party-Polizisten im Dienst wohlüberlegt und bedacht verhalten hätten? Man ahnt Schlimmstes. Absurd mutet an, dass sich die Hundertschaften nicht mal einen Tag benehmen konnten und ihnen langweilig wurde – an einem Ort, wo Flüchtlinge monatelang wohnen mussten.
Der Suff- und Sex-Exzess der Berliner Jungbullen ist aber vor allem Ausdruck einer Kultur der Unantastbarkeit in der Polizei – nicht einmal von den eigenen Kollegen aus Nordrhein-Westfalen haben sie sich etwas sagen lassen.
Wer sich etwa anhört, was Menschen schwarzer Hautfarbe von Kontrollen berichten, der weiß, wie oft Polizisten auch im Dienst über die Stränge schlagen und meinen, über dem Gesetz zu stehen. „Sie legen Einspruch gegen diese Polizeimaßnahme ein? Ach, wie niedlich.“ „Meine Dienstnummer? 110.“
Wer die Schilderungen aus der Unterkunft in Bad Segeberg hört, kann sich auch vorstellen, wie Polizisten in eine Schunkelstimmung kommen, die Schikanen zu einem Vergnügen werden lässt.
Es ist der Korpsgeist, der auf solchen Sauf- und Kotzgelagen geschmiedet wird und der dazu dient, gewalttätiges Fehlverhalten zu decken. Wer der Willkür der Polizei einmal ausgesetzt war, weiß, dass daran nichts witzig ist.
Es kann verlangt werden, dass, wenn Menschen schon erlaubt wird, mit scharfen Waffen Macht über andere auszuüben, sie zumindest keine enthemmte Masse bilden. Sie weder mit Pistolen bei Bademantel-Tänzchen spielen noch am nächsten Tag im Einsatz verkatert damit herumhantieren. Jean-Philipp Baeck
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen