: Nie wieder Kopfsteinpflaster
Städtebau AnwohnerInnen setzen sich oft für den Erhalt des historischen Straßenbildes ein. Der Senat will jedoch nur noch asphaltieren
Klaus-Rainer Rupp, Die Linke
Alle Zeichen stehen auf Asphalt: Der Senat will nicht, dass engagierte BürgerInnen sich für den Erhalt des historischen Stadtbilds einsetzen. Im Zuge einer Richtlinienänderung beim Amt für Straßen und Verkehr (ASV) sieht die Stadt eine Wiederherstellung bei Bauarbeiten von historischen Kopfsteinpflastern künftig nicht mehr vor. Selbst wenn BürgerInnen sich an den Mehrkosten für eine Wiederherstellung von altem Kopfsteinpflasterbelag beteiligen wollen, soll von einem Erhalt abgesehen werden. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor.
Bei einer Anwohnerversammlung im März in der östlichen Vorstadt, bei der es um Bauarbeiten in der Hollerstraße ging, ließ eine Mitarbeiterin des ASV bereits durchblicken, dass gemäß einer neuen Leitlinie in Bremen künftig kein Kopfsteinpflaster wiederhergestellt werden soll. Die Anlieger waren empört. Die Senatsantwort bestätigte nun diese Neuausrichtung: „Sie gilt für alle Straßen der Freien Hansestadt Bremen“, heißt es, und wurde vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und dem ASV erarbeitet.
Bei der Neuausrichtung wird die Schönheit des Stadtbildes von Funktionalität und Sparsamkeit geschlagen: Zum einen führte der Senat als Begründung für Mono-Asphaltierung „Barrierrefreiheit, Lärmschutz und Förderung des Radverkehrs“ an. Noch wichtiger dürfte für den Senat allerdings das Geld sein: Ein Grund sei die „Steigerung der Wirtschaftlichkeit durch eine spürbare (…) Kosteneinsparung.“ Wie viel durch die Minderausgaben gespart werden soll, weiß der Senat auch schon: 200.000 Euro will er ab 2017 jährlich sparen, in dem er nur noch asphaltiert.
Selbst wenn BürgerInnen bereit wären, sich an den Kosten zu beteiligen oder durch anderes Engagement ihr Quartier schön zu halten, will die Stadt davon absehen: „Hierzu besteht weder eine Regelung, noch ist eine Regelung vorgesehen.“
Insbesondere diesen Punkt kritisiert Klaus-Rainer Rupp aus der Fraktion der Linken. Er sagt: „Diese Antwort zeigt, wie tief die sogenannte Sanierungspolitik Bremen schon durchdrungen hat. Bürgerbeteiligung wird schon für 200.000 Euro verkauft.“ Ihm fehle bei Rot-Grün die Sensibilität für Bürgerbeteiligungen: „Es gibt Business-Approvement-Districts, bei dem Spaziergänge mit Unternehmen gemacht werden, um die Bebauung der Umgebung zu planen. Aber Quartiersverbesserung-districts, bei denen Bürger einbezogen werden, gibt es nicht“, sagt Rupp.
Hinzu komme, dass Kopfsteinpflaster auf lange Sicht nicht einmal wirtschaftlicher ist: „Asphalt ist zwar kurzfristig billiger, aber Kopfsteinpflaster hält länger.“ Immerhin sieht der Senat auch Ausnahmen vor, da „neben Asphalt in bestimmten städtebaulichen Situationen auch Betonsteinpflaster eingesetzt werden kann.“ In sensiblen Bereichen mit Blick auf kulturhistorische und städtebauliche Aspekte seien daher Ausnahmen möglich. Negative Folgen für das Erscheinungsbild Bremens sieht der Senat nicht. gjo
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