Russischer Regimekritiker: Nawalny vor Protesten festgenommen

Zum russischen Nationalfeiertag ruft die Opposition zu Protesten gegen die Staatsmacht auf. Regimekritiker Alexej Nawalny wurde vorsorglich festgenommen.

Große Gruppe von Menschen, ein Mann im Vordergrund

Oppositionsführer Nawalny bei einer Demo am 14. Mai 2017 Foto: ap

MOSKAU dpa | Die russische Polizei hat den Oppositionellen Alexej Nawalny noch vor Beginn einer nicht genehmigten Demonstration im Zentrum von Moskau in Gewahrsam genommen. „Sie haben Alexej im Hauseingang festgenommen“, schrieb seine Frau Julia am Montag bei Twitter.

Die Behörden teilten mit, Nawalny würden Verstöße gegen die Regeln zur Organisation von Kundgebungen sowie Ungehorsam gegen die Polizei vorgeworfen. Russische Medien berichteten von ersten weiteren Festnahmen.

Der 41-jährige Kritiker des Präsidenten Wladimir Putin hatte zu Demonstrationen in rund 200 Städten aufgerufen. In Moskau wollte er trotz eines Verbots in der Nähe des Kremls protestieren. Das bürgerrechtsnahe Portal OVD-Info berichtete von Dutzenden Festnahmen in der Provinz, etwa in Wladiwostok, St. Petersburg und Kasan. Für Moskau erwarteten die Organisatoren bis zu 50.000 Teilnehmer.

Nawalny will 2018 bei der Präsidentenwahl kandidieren. Es war bereits seine zweite Festnahme bei einer von ihm organisierten Kundgebung in diesem Jahr. Im März hatte er Tausende Anhänger auf die Straßen gebracht, um gegen Regierungschef Dmitri Medwedew zu protestieren. Nawalny hatte ihm in einem Online-Video Korruption vorgeworfen. Bei dem Protest am 26. März waren allein in Moskau rund 1000 Menschen festgenommen worden. Auch Nawalny musste mehrere Tage in Arrest.

Proteste in nahe des Kreml geplant

Um die Kundgebung am Montag gab es ein langes Tauziehen zwischen den Behörden und den Organisatoren. Ursprünglich hatte Nawalny eine Genehmigung für einen Ort im Norden Moskaus bekommen. Eigentlich wollte er aber in der Nähe des Kremls demonstrieren.

Am Vorabend hatte er dennoch überraschend zu Protesten in Kremlnähe aufgerufen. „Wir sagen die Kundgebung auf dem Sacharow(-Prospekt) ab und verlagern unsere sehr friedliche Aktion auf die Twerskaja(-Straße)“, schrieb Nawalny auf seiner Webseite. Die Straße sei ideal für ihre Ziele, denn sie sei ohnehin für den Nationalfeiertag verkehrsberuhigt, schrieb er. Russland feiert am 12. Juni die Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991.

Durch den Ortswechsel erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation. Die Staatsanwaltschaft warnte, die Polizei könne hart durchgreifen. Jede unerlaubte Aktion sei ein Verstoß gegen das Gesetz. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte dem regierungskritischen Internet-Sender Doschd, jegliche Provokationen und illegale Aktionen müssten verhindert werden.

Nawalny erklärte, er habe keine Firma gefunden, die eine Bühne und Lautsprecher für die Kundgebung aufbaue. Er warf der Stadtverwaltung vor, Druck auf die Anbieter zu machen. „Wir sind bereit zu Kompromissen, aber wir lassen uns nicht demütigen“, sagte er.

Nawalnys Frau Julia schrieb bei Twitter, der Protest auf der Twerskaja solle trotz der Festnahme stattfinden. „Er bat mich mitzuteilen, dass die Pläne sich nicht ändern.“ Seine Sprecherin Kira Jarmysch teilte mit, im Büro ihrer Stiftung zum Kampf gegen Korruption sei der Strom abgeschaltet worden.

Festnahmen bei den Protesten

Bei Protesten sind Berichten zufolge bereits mehr als 250 Menschen festgenommen worden. Allein in Moskau seien rund 120 und in St. Petersburg etwa 130 Demonstranten von der Polizei abgeführt worden, berichtete das Bürgerrechtlerportal OVD-Info.

Auch in der Provinz hab es demnach Dutzende Festnahmen. Die Demonstranten würden sich unangemessen verhalten, sagte Wladimir Tschernikow von der Stadtverwaltung der Agentur Interfax.

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