piwik no script img

Eric Bonse über Strafen für Ungarn, Polen und TschechienVerlogen und verkorkst

Keine Frage: Wer nicht solidarisch ist, muss bestraft werden. Deshalb ist es richtig, dass die EU-Kommission gegen Ungarn, Polen und Tschechien vorgeht – weil sie sich immer noch weigern, Flüchtlinge aufzunehmen. EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos hat recht: In der Europäischen Union geht es nicht nur darum, Fördergelder abzukassieren. Es geht auch darum, einander zu helfen und Lasten zu teilen. Das tun diese drei Länder nicht.

Allerdings kommt das sogenannte Vertragsverletzungsverfahren reichlich spät. Schließlich war die Umverteilung von zunächst 120.000 Asylbewerbern schon im September 2015 beschlossen worden. Fast zwei Jahre lang legte die Kommission die Hände in den Schoß. Gegen die schändlichen Mauern, Zäune und Auffanglager an der ungarischen Grenze hat sie bis heute nichts unternommen. Abschottung sofort, Umverteilung später, heißt die Devise in Brüssel. Dabei weiß natürlich auch Avramopoulos, dass Ungarn, Polen und Tschechien nur die Abschottung wollen – und dass sie damit nicht allein sind.

Auch Kanzlerin Angela Merkel hat die „Sicherung der Außengrenzen“ zur Priorität erhoben. Streng genommen müsste Brüssel deshalb nicht nur die Osteuropäer strafen.

Die Instrumente, die damals konzipiert wurden, haben sich als untauglich erwiesen. So waren die Quoten von vorneherein keine gute Idee. Denn Flüchtlinge lassen sich nicht „umverteilen“ wie Bananen und Staubsauger.

Die EU-Kommission hat die europäische Flüchtlingspolitik gegen die Wand gefahren. Der Neustart, der auf dem Höhepunkt der Krise 2015 versprochen wurde, ist gescheitert. Die gesamte Umverteilungspolitik war von Anfang an verkorkst. Strafen machen sie nicht besser. Bis heute gibt es keine Möglichkeit, auf legalem Weg in die EU zu fliehen. Bis heute sind die Routen von Griechenland und Italien nach Mitteleuropa dicht. Das ist der ­eigentliche Skandal.

Ausland

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen