: Ganz große Koalition gegen Trump
Europa SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz fordert mit Blick auf den US-Präsidenten eine stärkere Kooperation in der EU. Damit stellt er sich neben Merkel. Jene hatte mehr Eigenständigkeit der Europäer gefordert
von Ulrich Schulte
Bei den Gipfeltreffen waren massive Differenzen zwischen US-Präsident Donald Trump und seinen Verbündeten bei Militärausgaben, beim Klimaschutz oder in der Flüchtlingspolitik deutlich geworden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte daraufhin am Sonntag bei einem Auftritt in Bayern gesagt: „Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen.“ Die Zeiten, in denen man sich auf andere völlig verlassen könne, seien „ein Stück weit vorbei“.
Damit stürzte sie die SPD in ein Dilemma. Schulz, der auch Kanzlerkandidat seiner Partei ist, stellt sich mit seinen Äußerungen an ihre Seite, obwohl er sie eigentlich attackieren müsste. Die Angriffe kamen dann aus der zweiten Reihe. Es sei keine Kunst, im Bierzelt über Trump zu schimpfen, sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Haltung müsse man bei den Gipfeltreffen zeigen. Merkel habe erst dann den Mut, deutliche Worte zu finden, „wenn Trump schon wieder weit weg ist“.
Die Opposition übte ebenfalls Kritik an Trump. Linke-Chefin Katja Kipping bezeichnete ihn in der Bild-Zeitung als infantilen Narzissten. Als Antwort auf Trump müsse Europa stärker zusammenrücken, forderte die Linken-Politikerin. Deutschland müsse „mit dem Duckmäusertum gegenüber den USA“ aufhören und „eine klare Kante gegen das Aufrüstungsdiktat von Trump“ zeigen, sagte Kipping.
Der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff (FDP), erwartete angesichts der Blockadepolitik von US-Präsident Donald Trump „unangenehme Zeiten“. Europa müsse jetzt unter deutscher und französischer Führung vorangehen, sagte Lambsdorff im Deutschlandfunk Kultur. In den USA wurde Merkels Rede aufmerksam registriert. Sie löste in wichtigen Medien eine größere Debatte aus (siehe unten).
Eine Frage ist, ob die USA unter Trump zu dem 2015 in Paris vereinbarten Klimaabkommen stehen. Jenes soll die Klimaerwärmung auf unter 2 Grad gegenüber vorindustriellen Werten begrenzen. Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin hält einen Ausstieg der USA für wahrscheinlich. Mit Blick auf Trump sagte er im Deutschlandfunk: „Es spricht mehr dafür, aus innenpolitischen Gründen in den USA, dass er aus diesem Abkommen aussteigt.“
Doch ein Ausstieg werde nicht von Dauer sein, sagte Trittin. „Ich bin ganz optimistisch, dass die USA den internationalen Klimaprozess bremsen können, aber sie werden ihn nicht aufhalten.“ China setze etwa aus rationalen und ökonomischen Gründen massiv auf erneuerbare Energien. Regierungssprecher Steffen Seibert lehnte solche Spekulationen ab. Die deutsche Regierung hoffe, dass die USA dem Abkommen verpflichtet blieben.
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