Folgen des Klimawandels: Umweltschäden begünstigen Terror

Eine neue Studie warnt: Der Klimawandel schwächt Staaten und fördert Terrorismus. Fragile Staaten seien besonders bedroht.

Ein Bott auf einem See. Darin stehen zwei Menschen, einer rudert

Der Tschadsee trocknet immer stärker aus Foto: dpa

BERLIN taz | Zwischen 2008 und 2010 verwüsteten tropische Stürme, Dürren und Erdrutsche Guatemala. Die Schäden in dem armen Land waren so hoch wie ein Viertel des Staatshaushalts. Während die Regierung hilflos auf die Krise reagierte, sprangen im Norden Guatemalas die Drogenbarone ein: Sie verteilten Lebensmittel, übernahmen staatliche Aufgaben – und etablierten sich als Garanten des Überlebens.

Der Fall gilt der deutschen Forschungs- und Beratungsfirma Adelphi als Beleg für die These, dass Umweltschäden und Klimawandel zum Verfall von Staaten und zum Erstarken von kriminellen Warlords und Terrorgruppen beitragen. Es gehe nicht „um eine direkte Verbindung zwischen Klimawandel und Gewalt durch nichtstaatliche bewaffnete Gruppen (NSAG)“, heißt es in ihrem aktuellen Gutachten für das Auswärtige Amt. „Allerdings schaffen großflächige Umweltprobleme und Klimawandel eine Umgebung, in der NSAG gedeihen, und sie öffnen Räume, in denen ihre Strategien aufgehen.“

Die Studie zu „Aufständen, Terrorismus und organisiertem Verbrechen im Klimawandel“ warnt, dass Umweltprobleme „Bedrohungen multiplizieren“ könnten. Fragile Länder seien besonders bedroht, aber „auch scheinbar stabile Staaten können überlastet werden vom Druck aus Klimawandel, Bevölkerungswachstum, Urbanisierung, Umweltschäden und wachsender sozio-ökonomischer Ungleichheit“.

Entstanden ist das Gutachten im Rahmen eines langjährigen Projektes, in dem Adelphi im Auftrag des Auswärtigen Amtes Aspekte einer „Klimadiplomatie“ untersucht. Bereits seit 2007 steht das Klimathema auf Druck erst von Großbritannien, dann auch von Deutschland immer wieder auf der Tagesordnung des UN-Sicherheitsrats.

Verschärfte Konflikte um natürliche Ressourcen

Zur deutschen G-7-Präsidentschaft vor zwei Jahren formulierte der Berliner Thinktank das Gutachten „Ein Klima für den Frieden“. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Februar gewarnt, bei der Sicherheitspolitik dürfe man „Entwicklungspolitik und Krisenprävention“ nicht vergessen – alles Argumente gegen die neue US-Regierung, die Terrorbekämpfung vor allem den Militärs überlassen will.

Die Beispiele aus dem aktuellen Papier warnen, der Klimawandel verschärfe Konflikte um natürliche Ressourcen und verschlechtere die Lebenschancen von Menschen. Diese würden wiederum anfälliger gegenüber den Folgen des Klimawandels, aber auch gegenüber Anwerbeversuchen durch gewalttätige Gruppen.

Die Forscher nennen verschiedene Konfliktregionen als Beispiele

Die Forscher nennen verschiedene Konfliktregionen als Beispiele: Die Ausbreitung der Terrormiliz Boko Haram im Sahel­gebiet hänge auch mit dem Austrocknen des Tschadsees zusammen, das die Region verdorren lässt. Der Krieg in Syrien sei auch mit einer lange dauernden Dürreperiode verbunden, zunehmend setzten auch dort militante Gruppen Umweltschäden als Waffen ein – Wasserknappheit werde etwa gegen feindliche Regionen genutzt. Und auch im jahrzehntelangen Krieg in Afghanistan sehen die Forscher einen ökologischen Fußabdruck: Dürren, schrumpfende Ernten bei wachsender Bevölkerung und der Verlust von Wäldern und Weiden verschärften die Spannungen zwischen Viehhirten und Ackerbauern.

„Außenpolitiker müssen den Teufelskreis aus wachsenden Klimaschäden, Verwundbarkeit und Gewalt durchbrechen, die bewaffnete Gruppen begünstigen“, heißt es in dem Papier. Auch die Klimapolitik müsse die Probleme im Auge haben, sagte Studienautor Lukas Rüttinger zur taz: „Bislang hat das Thema weder bei den Klimaverhandlungen noch im UN-Sicherheitsrat ein Zuhause.“ Auch Entwicklungshilfe wie etwa Brunnenbohren solle beachten, dass sie in Konfliktregionen Frieden fördere statt Konflikte schüre. Schließlich gebe es Beispiele, dass friedliche Gemeinschaften besser auf Klimaschäden reagieren könnten.

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