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Diskriminierende TV-Sendung in ItalienWillige Osteuropäerinnen

In einer Talkshow der RAI werden Vorzüge osteuropäischer Partnerinnen diskutiert. Das nahm für die Beteiligten kein gutes Ende – zum Glück.

Wird RAI-Moderatorin Paola Perego jetzt von einer „willigen Osteuropäerin“ ersetzt? Foto: imago/Italy Photo Press

Rom taz | Eine ganze Sendung, die sich mit der Rolle von Migrantinnen in der Gesellschaft befasst: So wünscht man sich staatliches Fernsehen. Und Italiens Staatssender RAI lieferte am vergangenen Wochenende, im Programm „Sprechen wir am Samstag drüber“, das am Nachmittag ausgestrahlt wurde.

Normalerweise sind in den Nachmittags-Talks der RAI immer wieder Einwanderer Thema, allerdings eher als schlimme Finger, als Kriminelle, als Mörder oder Serien-Raubtäter. Und auch diesmal klang es zuerst gefährlich, war im Titel doch von der „Drohung aus dem Osten“ die Rede.

Doch schnell entpuppte sich die Drohung als Versprechen – als Verheißung für all jene italienischen Männer wenigstens, die von heißen, willigen Gespielinnen träumen, bei sich zu Hause, in einer Familie, in der die Dinge noch in Ordnung sind.

Eine Tabelle mit gleich sechs guten Gründen, sich eine „Verlobte aus dem Osten“ zu suchen, blendete die Regie nämlich ein, ehe ein abgehalfterter und angejahrter Schauspieler, der Chefredakteur eines Klatschmagazins, eine Ukrainerin und eine Russin das spannende Thema diskutieren durften, moderiert von einer Frau, der bekannten Talkerin Paola Perego.

Sechs Gründe

Und die sechs Gründe hatten es in sich. „Sie sind alle Mamas, aber gleich nach der Geburt haben sie wieder Super-Körper“, hieß es da, „Sie sind immer sexy, keine Jogginganzüge oder Pijamas“, „Sie verzeihen Seitensprünge“, „Sie lassen ihren Kerl kommandieren“. Doch mehr noch, diese Sexbomben „sind perfekte Hausfrauen“, und schlussendlich „schmollen sie nie“.

So ist halt die ideale Frau: ein williges Luder mit Pinup-Figur, das blendend gelaunt die Wohnung putzt, während er – natürlich in Feinripp-Unterhemd und Jogginghose – entspannt Fußball oder Formel 1 guckt.

Ganz ernsthaft wurde der sexistische Quatsch dann im Studio diskutiert, der Schauspieler wusste die Geschichte eines mit einer Moskauerin liierten Freundes beizusteuern. Die habe ihrem Mann zum Geburtstag einen gemeinsamen Bordellbesuch geschenkt, „er durfte sich ein Mädchen aussuchen, dann haben sie sich zu dritt vergnügt“. Die Moral: „Welche Italienerin würde ihrem Mann ein solches Geschenk machen?“

Doch irgendetwas haben die Macher der Sendung verpasst – vorneweg die Tatsache, dass selbst im gerade während der Berlusconi-Jahre immer wieder als sexistisch geschmähten Italien auf diesem Feld schüchterner Fortschritt eingesetzt hat.

Aus für das Programm

Kaum war die Sendung gelaufen, setzte in den Social Media ein Sturm, teils der Entrüstung, teils grimmigen Spottes ein über jene Autoren, die das Land immer noch „im Mittelalter“ wähnten.

Schnell schaltete sich auch die Präsidentin der RAI ein, die von einem schier „wahnwitzigen Programm“ sprach, von dem sie selbst als Frau sich beleidigt fühle. Und die Präsidentin des Abgeordnetenhauses Laura Boldrini zürnte mit Recht darüber, dass Frauen hier diskutiert wurden, als seien sie „Haustiere“.

Die RAI-Spitze reagierte prompt. Das Programm „Sprechen wir am Samstag drüber“ wird für immer schweigen, die Sendung wird umgehend eingestellt. Mehr noch: Der üble Ausrutscher könnte weitere positive Folgern zeitigen – die RAI nämlich kündigte an, sie wolle gleich ihre bisher aus Crime und Klatsch zusammengemixte Nachmittagsschiene „generell überdenken“.

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