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Mindestens ein Jahr

Wohnen Der Koalitionsausschuss will Einbrecher durch eine Anhebung der Mindeststrafe besser abschrecken

BERLIN taz | Die Koalition hat sich auf härtere Mindeststrafen für Wohnungseinbrüche geeinigt. Außerdem sollen die Ermittler mehr Befugnisse erhalten. Hintergrund ist ein Anstieg der Wohnungseinbrüche um rund 40 Prozent in den letzten sechs Jahren. Für den Anstieg sind vor allem reisende Banden aus Osteuropa verantwortlich.

Künftig soll die Mindeststrafe für Wohnungseinbrüche bei einem Jahr liegen. Bisher gilt ein Strafrahmen von 6 Monaten bis zu 10 Jahren. In minder schweren Fällen war der Strafrahmen auf 3 Monate bis 5 Jahre reduziert. Die Kategorie der „minder schweren Fälle“ soll laut Koalitionsbeschluss aber abgeschafft werden. Die einjährige Mindeststrafe soll nur bei Einbrüchen in „dauerhaft genutzte Privatwohnungen“ gelten. Bei Einbrüchen in Wochenendhäuser oder Wohnmobile bleibt es wohl beim bisherigen Strafmaß.

Mit einer Mindeststrafe von einem Jahr würde der Wohnungseinbruch fachsprachlich von einem „Vergehen“ zu einem „Verbrechen“ hochgestuft. Bei einem Verbrechen hat der Angeklagte zum Beispiel stets Anspruch auf einen Pflichtverteidiger. Außerdem muss es immer eine Gerichtsverhandlung geben.

Eine Erledigung per Strafbefehl ist künftig genauso ausgeschlossen wie eine Einstellung gegen Geldauflage. Der Koalitionsbeschluss ist also auch eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Strafgerichte. Die Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung bleibt in leichten Fällen aber auch künftig möglich, da die allgemeine Obergrenze hier bei zwei Jahren liegt.

Mehr Abschreckung

Die Koalition hofft auf eine bessere Abschreckung. Allerdings denken Drogenabhängige beim Einbrechen in der Regel nicht über Strafdrohungen nach. Und für organisierte Banden lagen die Strafen auch bisher nicht am unteren Rand. Als Höchststrafe waren bisher schon 10 Jahre Gefängnis möglich. Entscheidend für die Abschreckung ist die Wahrscheinlichkeit, erwischt und verurteilt zu werden. Die ist bei Wohnungseinbrüchen sehr niedrig. Nur rund 15 Prozent der Täter werden identifiziert, noch viel weniger verurteilt, weil sie längst wieder in Ausland sind.

Deshalb hat die Koalition beschlossen, dass bei Wohnungseinbrüchen generell Verkehrsdaten von Telefonen abgefragt werden dürfen. Dies erleichtert die Funkzellenabfrage (welche Handys waren in der Nähe des Tatorts?). Bisher war sie nur möglich, wenn die Polizei bereits Indizien hatte, dass eine Bande aktiv war. Christian Rath

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