Kolumne Right Trash: „Sonst war's das“

Auch neurechte Blätter lässt der Fall Höcke nicht los. Die einen fordern Rückendeckung für den AfD-Rechtsaußen. Andere wollen ihn „vom Hof jagen“.

Björn Höcke in Nahaufnahme

„Quertreiber vom Hof jagen, Mund halten“: Björn Höcke im Fokus rechter Publizistik Foto: ap

BERLIN taz | Jürgen Elsässer hat die Faxen dicke. „Jetzt reicht es aber!“, schrieb der rechte Populist, der früher mal ein Linker war, jüngst auf seinem Blog. AfD-Chefin Frauke Petry wolle ihm und seiner Zeitschrift Compact per Unterlassungserklärung verbieten, folgende Aussage zum Entschluss des AfD-Bundesvorstands für ein Parteiausschlussverfahren gegen den Partei-Rechtsaußen Björn Höcke zu wiederholen: „Die Entscheidung fiel mit 9:4 Stimmen auf Antrag von Frauke Petry.“ Streitwert, so Elsässer, seien 20.000 Euro.

Nun ist nach allem, was bislang bekannt ist, diese Aussage tatsächlich falsch. An jenem entscheidenden Montag, als sich der AfD-Bundesvorstand mit 9:4 Stimmen für das Ausschlussverfahren gegen Höcke aussprach, brachte Julian Flak aus Schleswig-Holstein den Antrag ein. Das hat dieser der taz selbst bestätigt. Doch Elsässer geht es nicht um die Wahrheit in Detail: „Es ist vollkommen unstrittig, dass Sie (gemeint ist Petry; Anmerkung der Redaktion) die treibende Kraft gegen Björn Höcke waren und sind. Dann stehen Sie gefälligst dazu!“ Da allerdings ist nun wieder was dran.

Was Elsässers Wutausbruch ganz klar zeigt: Nicht nur durch die AfD geht ein Riss, sondern auch durch die rechten Medien, die viel Hoffnung in diese Partei gesetzt haben.

Elsässer und sein Magazin positionieren sich in dem parteiinternen Machtkampf klar für Höcke. Petry und, wie Elsässer schreibt, ihr „Prinzgemahl Marcus Pretzell“ haben sie den Kampf erklärt. Pretzell hatte Elsässer jüngst schwer verärgert, als er neben dem Spiegel und der FAZ auch Compact den Zutritt zu seiner Großveranstaltung mit Marine Le Pen und Geert Wilders in Koblenz verwehrte. Elsässers Vorwurf: Petry und Pretzell betrieben die Spaltung der Partei.

Wie lebt es sich in der rechten Filterblase, wenn Medien pauschal als "Lügenpresse" diffamiert werden und nur noch die Fakten zählen, die ins eigene Weltbild passen? Das fragt sich ein Team von taz-AutorInnen. Wir lesen mit, schreiben zurück oder beobachten einfach nur. Right Trash – seit Februar regelmäßig auf taz.de.

Elsässer fordert die Basis nun auf, gegen Höckes Ausschluss aufzustehen – „um die Einheit und Pluralität der AfD zu verteidigen“. Dabei ist es noch kein Jahr her, dass Petrys Konterfei auf dem Compact-Titel prangte. Dazu die Überschrift: „Die bessere Kanzlerin.“

„Ein Bärendienst“

Ganz anders die Junge Freiheit. Dort wird Höcke in mehreren Artikeln scharf kritisiert. Chefredakteur Dieter Stein schreibt vom „Höcke-Problem“, der Ex-Republikaner Michael Paulwitz von „Höckes Bärendienst“. „Das ist der direkte Weg ins selbstgewählte Ghetto. Wer den Rändern zuzwinkert, marginalisiert sich über kurz oder lang selbst“, notiert Paulwitz.

Auch der Pegida-Versteher Werner Patzelt, Politikprofessor in Dresden, kommt zu Wort. In Anlehnung an die alten Flügelkämpfe bei der Grünen schreibt er, auch bei AfD müssten sich die Realos durchsetzen: „Björn Höcke ist ein AfD-Fundi, kein AfD-Realo. Er wurde zur Belastung der Partei.“

Die schärfsten Worte findet ausgerechnet Karlheinz Weißmann, der gemeinsam mit Götz Kubitschek die neurechte Denkfabrik „Institut für Staatspolitik“ in Schnellroda gründete, bis 2014 die Zeitschrift Sezession herausgab – und dann im Dissens schied. Kubitschek begleitete Höcke zu seiner Dresdener Rede, er gilt als ausgewiesener Freund des Thüringers. Höcke wiederum hielt seinen rassistischen Vortrag von den unterschiedlichen „Ausbreitungstypen“ beim IfS in Schnellroda.

Weißmann nennt keine Namen, aber er geht Höcke scharf an – und auch die, die ihn im Bundesvorstand unterstützen. „Es spielt dabei auch eine Art Übermachiavellismus mit, der die Regel, daß der Feind meines Feindes mein Freund sein muß, bis zu dem Punkt treibt, daß auch erfahrene Männer in den besten Jahren die Einsichten, die sie längst gewonnen hatten, über Bord werfen, um der unliebsamen Konkurrenz eins auszuwischen.“ Ob man aus Sicht des 58-jährigen Weißmanns mit 76 noch in den besten Jahren ist? Nichtsdestotrotz dürfte AfD-Vizechef Alexander Gauland hier gemeint sein.

Distanzierungen, aber nur strategisch

Weißmann wendet sich nicht inhaltlich gegen Höcke, sondern rein strategisch. Das aber scharf. Es sei ein großer Unterschied, schreibt er, „ob rechtsintellektuelle Zirkel etwas diskutieren und ihre geistigen Hobbys pflegen, oder ob man eine Partei erfolgreich führen will, die alles tun müsse, um die frustrierte Mittelschicht, die Neupatrioten und die Unpolitischen für sich zu gewinnen“.

Soll wohl heißen: Intern kann man durchaus wie Höcke für eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ streiten. Wer dies als AfD-Funktionär aber öffentlich fordert, dem mangelt es an politischem Instinkt. Weißmann, der die AfD derzeit in der schwersten Belastungsprobe seit dem Abgang von Gründer Bernd Lucke sieht, fordert „Disziplin“: „Im Klartext: Quertreiber vom Hof jagen, Mund halten, Rücken zum Mist, Front zum Gegner. Sonst war's das wirklich.“

Schön wär's.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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