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Ein kleiner Nadelstich für Theresa May

Großbritannien Das Oberhaus stimmt für einen Labour-Antrag gegen die offizielle Brexit-Strategie

DUBLIN taz | Es ist eine Unannehmlichkeit. Mehr nicht. Aber sie zeigt, dass der Widerstand gegen die Brexit-Strategie der britischen Premierministerin Theresa May auch in ihrer eigenen Partei wächst. Das Oberhaus hat am Mittwochabend mit 358 Stimmen bei 256 Gegenstimmen deutlich für einen Änderungsantrag der Labour Party gestimmt, wonach die Regierung binnen drei Monaten nach Beginn der Brexit-Verhandlungen das Bleiberecht für die mehr als drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien regeln soll.

Sieben konservative Abgeordnete stimmten für den Antrag, darunter Lord Hailsham, der früher Douglas Hogg hieß und Landwirtschaftsminister war. Er erinnerte daran, wie empört man in Großbritannien war, als Idi Amin die Asiaten aus Uganda vertrieb. Das Votum des Oberhauses ist nicht bindend. Die Regierung hat angekündigt, dass sie es bei der Abstimmung im Unterhaus übernächste Woche aushebeln werde.

Das funktioniert aber nur, wenn die Tory-Hinterbänkler spuren. Die potenziellen Rebellen werden nun in Einzelgesprächen von beiden Seiten bearbeitet. May will die EU-Bürger in Großbritannien als Verhandlungsmasse in der Hinterhand behalten, um die Rechte der Briten im Ausland zu sichern. Die EU will darüber aber erst verhandeln, wenn Großbritannien den formalen Brexit-Antrag gestellt hat. Lady Hayter, die Brexit-Beauftragte der Labour Party, sagte, May dürfe die Zukunft von Menschen nicht als Druckmittel benutzen.

Es geht zum Beispiel um die Zukunft von Monique Hawkins, einer Niederländerin, die seit 24 Jahren in Großbritannien lebt und im Dezember in einem Brief des Innenministeriums aufgefordert wurde, schon mal ihre Koffer zu packen.

Oder der Franzose Bruno Pollet, der mit der Schottin Emma verheiratet ist, seit 1991 in Großbritannien lebt und als Professor für Umwelt und Energie arbeitet. Er hat den 85-seitigen Antrag auf unbefristetes Aufenthaltsrecht sorgfältig ausgefüllt und sämtliche Steuerquittungen der vergangenen 25 Jahre beigelegt. Vorigen Monat wurde sein Antrag abgelehnt. Die Pollets ziehen nun nach Skandinavien. Der Antrag ist eigentlich für Menschen aus Ländern außerhalb der EU vorgesehen, aber viele EU-Bürger haben ihn ausgefüllt, weil sie sicher gehen wollten, in Großbritannien bleiben zu dürfen. Mehr als ein Viertel dieser Anträge wurde aus formalen Gründen abgelehnt.

Darüber hinaus braut sich ein Streit über den Termin zusammen, an dem die Aufenthaltsrechte für EU-Bürger in Großbritannien nicht mehr automatisch gelten. Nach Mays Vorstellung soll das so schnell wie möglich geschehen. Die EU-Kommission besteht jedoch darauf, dass Großbritannien bis zum endgültigen Austritt EU-Mitglied bleibe. Ralf Sotscheck

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