piwik no script img

SPD-Fraktionschef über BootsflüchtlingeNach Nordafrika zurückbringen

Thomas Oppermann plädiert für eine Rückführung geretteter Mittelmeerflüchtlinge. Deutschland müsse stärker Fluchtursachen bekämpfen.

Diese Männer sind auf dem Mittelmeer aus einem Schlauchboot gerettet worden Foto: ap/dpa

Berlin dpa/afp | SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat sich dafür ausgesprochen, Bootsflüchtlinge im Mittelmeer zurück nach Nordafrika zu bringen. „Um die Schleuserbanden wirksamer zu bekämpfen, müssen wir ihnen die Geschäftsgrundlage entziehen, indem die im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge wieder zurückgebracht und zunächst in Nordafrika versorgt und betreut werden“, schreibt Oppermann in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. „Eine Lösung liegt in engerer Zusammenarbeit nicht nur mit dem zerrissenen Libyen, sondern auch mit stabileren Transitländern in Nordafrika – etwa Marokko und Tunesien.“

Dem Bericht zufolge unterstützt Oppermann eine Initiative von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), die darauf zielt, ein Auffanglager in Tunesien zu errichten. Oppermanns Vorstoß sei Teil eines Fünf-Punkte-Plans. Der Fraktionsvorsitzende dringe darauf, dass Deutschland mehr unternimmt, um Fluchtursachen zu bekämpfen.

Die Entwicklungshilfe solle von derzeit 0,5 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens steigen. Er fordert neben einem besseren Schutz der EU-Außengrenzen und einer engeren Zusammenarbeit mit Nordafrika, dass auch legale Zugänge für Migranten geschaffen werden.

Der SPD-Fraktionschef spricht sich außerdem für einen europäischen Fonds aus, um die Kosten für die Integration von Flüchtlingen gerechter auf die EU-Mitgliedstaaten zu verteilen. „Deutschland, Frankreich oder Polen sollten sich um Flüchtlinge bewerben – und um zusätzliches Geld, das sie für Unterbringung, Verpflegung und Infrastruktur nutzen können“, schreibt Oppermann. Er fordert zudem ein Einwanderungsgesetz, um den Arbeitskräftebedarf „bedarfsorientiert und flexibel nach einem transparenten Punktesystem“ zu steuern.

Bundesinnenminister de Maizière will einem möglichen „Massenzustrom“ von Migranten mit Flüchtlingslagern außerhalb der EU begegnen. Bei großem Andrang müsse Europa dafür sorgen, „dass Flüchtlinge gar nicht erst nach Europa gebracht werden, sondern zurückgebracht werden in sichere Orte“, hatte der Innenminister Ende Januar am Rande des EU-Innenministertreffens im maltesischen Valletta erklärt. Von diesen sicheren Orten außerhalb Europas könnten dann „die Schutzbedürftigen, und nur die Schutzbedürftigen“ in die EU geholt werden.

Eine Textsammlung zum Thema Europäische Migrationspolitik in Afrika finden Sie in unserem taz-Rechercheprojekt Migration control.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

15 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Nach dem Problembären Sigmar sollte die SPD noch vor dem Wahlkampauftakt noch den Thomas in sein rechtes Lager entsorgen.

    Der andere Thomas von der CDU wartet wahrscheinlich drauf, seinen Zuspruch hat er ja schon.

  • Die Taktik ist durchschaubar: Während Papa-Schulz den lieben Onkel gibt, macht Oppermann den Flüchtlingspolitischen 'Bluthund'. Glaubt die SPD wirklich, mit dieser Nummer einen Blumentopf gegen 'Mutti' und die CSU gewinnen zu können. Oder stellt man sich auf eine erneuerte Groko ein - mit der Hoffnung auf ein paar Prozentpunkte mehr am Wahltag?

  • @PETER MEISEL

     

    "(...) Dieser Nachkomme einer geflüchteten Familie, der Hugenotte Thomas de Maizière da seine Vorfahren selbst im 17. Jahrhundert aus der Region Metz geflohen war, müsste es wissen.(...)"

     

    Das Innenministerium sollte in Erinnerungsministerium umbenannt werden. Alle historischen Dokumente sind allen zugänglich.

     

    Und eine Familie wie die de Maizière's wird doch irgendwo noch so nen Schuhkarton haben. Reingucken, der Herr...

  • Bleibt wie bei Ludwig Thoma

    Er war Jurist & auch sonst …

    (allerdings sogar anders wie im Original - wie sein Verstand nur ein sehr sehr mäßiger.)

  • Gut, dass nunmehr auch die SPD Flüchtlinge nach Nordafrika zurück schicken möchte. Offensichtlich wurde erkannt, dass ein "weiter so" zu noch mehr Toten in Mittelmeer führt.

  • Diese Entscheidung 3 Jahre früher und die Weltendinge hätten wohl einen anderen Verlauf genommen. Was damals vernünftig und mutig gewesen wäre, ist heute nur noch hilflos und wahrscheinlich wirkungslos.

  • Der Exportweltmeister hat den ehemaligen SPD Namen verspielt. Europas Schande wird dank der "Sozialen" Unwahrhaftigkeit leider Wirklichkeit:

    Diese "Flüchtlings-Abwehr-Politik" ist Menschenrechts widrig!

    Eine Schande Europas

    Zitat: Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure, doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück. Günter Grass hat es getrommelt.

  • Man kann nur verzweifeln mit dieser deutschen "sozialen" Argumentation.

    Europas Schande auch für die SPD:

    "Dem Bericht zufolge unterstützt Oppermann eine Initiative von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), die darauf zielt, ein Auffanglager in Tunesien zu errichten. Oppermanns Vorstoß sei Teil eines Fünf-Punkte-Plans."

    „Um die Schleuserbanden wirksamer zu bekämpfen," genügt es den Flüchtlingen Charter Flieger entgegen zu schicken und sie sicher über das Meer nach dem Land zu bringen in das sie wollen.

    Dieser Nachkomme einer geflüchteten Familie, der Hugenotte Thomas de Maizière da seine Vorfahren selbst im 17. Jahrhundert aus der Region Metz geflohen war, müsste es wissen.

    Deutschland hat ausreichend Auffanglager mit der Kapazität die Asyl Anträge zu prüfen.

    Charly Hebdo hat das 2015 so dargestellt: https://www.dropbox.com/s/pjjkpu64akc4i25/Plakat%20Volkswirtschaft%20neu%20Kopie.pdf?dl=0

    Ich hab unsere Beteiligung an den Ursachen unter "Exportweltmeister" in diesem Plakat zusammengefasst.

    Im katholischen Katechismus steht: unter 2469 "Die Menschen könnten nicht in Gemeinschaft miteinander leben, wenn sie sich nicht gegenseitig glaubten (Vertrauen) als solche, die einander die Wahrheit offenbaren" (Thomas von Aquin)

    Das gilt auch für den Innenminister wie für die SPD!

  • Na, der Oppi wird doch nicht dei der AfD abgekupfert haben, oder?

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @otto:

      Zumindest versteht er sich doch prächtig mit dem lieben Onkel Thomas...

  • Die Geflüchteten zurückzuschicken mit dem Argument, damit den Schleuserbanden die Geschäftsgrundlage zu entziehen ist an Zynismus kaum zu überbieten!

    Eben so zynisch ist die Behauptung man könne Fluchtursachen bekämpfen, indem man mehr Entwicklungshilfe leistet.

    Die Menschen fliehen entweder vor Despoten und totalitären Regimen oder weil ihnen schliche die Perspektive fehlt, irgendwann einmal ihren Lebensunterhalt selbst verdienen zu können und nicht weil es Schleuser gibt....

    Die Lebensperspektive rauben ihnen nicht zuletzt die wirtschaftlich ach so erfolgreichen europäischen Staaten, die den afrikanischen Markt mit subventionierten Exportwaren überschwemmen oder schlicht den einheimischen Fischern vor den westafrikanischen Küsten den Fisch wegfischen. Wenn die Söhne dortiger Fischer sich dann verzweifelt auf den Weg nach Europa machen, schimpfen sie sie "Wirtschaftsflüchtlinge"...... Zum K......

    Wenn sich die SPD tatsächlich glaubwürdig vom ausbeuterischen Stil der Neoliberalen abgrenzen wollte, sollte sie wenigstens mal die Wahrheit sagen und ihren Wählern klarmachen, dass ihr als selbstverständlich empfundener "Wohlstand" der in Wirklichkeit dekadenter Überfluss ist, die Fluchtursache Nr. 1 ist!

    Aber die Geflüchteten "zu ihrem eigenen Wohl" einfach wieder dort hinzuschicken "wo sie herkommen" und ein paar Almosen zu verteilen ist natürlich einfacher......

    • 3G
      36855 (Profil gelöscht)
      @Life is Life:

      Welche Perspektiven haben die Geflüchteten denn hier in dem, ihrer Meinung nach, Wohlstandseuropa?

      Was macht der Fischersohn, angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Italien, Griechenland, Portugal, Spanien und auch bei uns?

      Überall gibt es arbeitslose Fischersöhne. Das liegt an der EU Politik.

      Im Wohlstandseuropa erfrieren Menschen, da sie sich die Heizkosten nicht mehr leisten können. Griechische Familien geben ihre Kinder im SOS Kinderdorf ab, da sie diese nicht mehr ernähren können. Gesundheitsvorsorge? Gibt es nicht.

      Die Jugendarbeitslosigkeit ist in diesen Ländern enorm hoch.Diese Menschen sind auch ohne jegliche Perspektive!

       

      Ein wenig über den Tellerrand zu schauen, wäre manchmal hilfreich.

    • @Life is Life:

      Selten so viele unfreundliche (gegen die hier Lebenden) Vorurteile und Platitüden auf einmal in einem Kommentar gesehen. Dekadenter Überfluss? Ja? Wenn das bei Ihnen der Fall ist bitte spenden. Bei mir ists nicht und es gibt viele viele wo das nicht der Fall ist. Und Fischersöhne. Lachhaft.

      • @Adreas:

        Ich würde Ihnen empfehlen, @ADREAS, sich zu informieren, ehe Sie hier heiße Luft ablassen. @LIFE IS LIFE hat absolut recht mit seiner/ihrer Schilderung der Situation westafrikanischer Fischer, denen (auch) russische und asiatische, vor allem aber europäische "schwimmende Fischfabriken" die Lebensgrundlage wegfischen. Und das jüngste Beispiel für die Knebelung Afrikas mit von der EU diktierten "Freihandelsabkommen": Als Kenia nicht unterschreiben wollte, wurden Strafzölle auf Blumen, wichtigster Exportartikel Richtung Europa, angedroht. Kenia unterschrieb.

         

        "Dekadenter Überfluss" bedeutet nicht, dass alle hier so leben können - aber extrem viele in einem Luxus, den man sich kaum vorstellen kann. Und das beginnt weit unterhalb der Einstufung "Millionäre".