piwik no script img

Donald Trump und der freie HandelFalscher Freund

Donald Trump wettert gegen Freihandelsabkommen. Mit den Ideen linker Globalisierungskritiker hat das aber wenig zu tun.

Trump treibt es bunt: Er ist gegen Nafta und TPP, seine Position zu TTIP ist offen Foto: dpa

Es könnte eine gute Nachricht für die Gegner von TTIP sein: Der neue Präsident der USA klingt, als lehne er den freien Handel ab. Gegen das geplante Transatlantische Freihandelsabkommens TTIP zwischen der EU und den USA gingen in Deutschland Hunderttausende auf die Straße.

Doch Donald Trumps Kritik an Freihandel hat damit nichts zu tun. Sie reihte sich im Wahlkampf ein in eine simple „Wir gegen die“-Rhetorik, einen Mix aus Angst vor Einwanderern, Kriminalität und Globalisierung. Exemplarisch steht hier seine wirtschaftspolitische Rede am 8. August dieses Jahres in Detroit.

Dort sagte er: Hillary Clinton stehe für eine Politik, die mit hohen Steuern und Wirtschaftsregulierung Jobs ins Ausland verlagere, die Kriminalität hoch treibe und mit Migration die öffentlichen Kassen leere. Clinton stehe für „Handelsabkommen wie Nafta, von ihrem Mann unterzeichnet, mit der eure Jobs nach Mexiko und andere Länder abgewandert sind“.

Linke Globalisierungskritik fordert dagegen einen gerechteren Welthandel, der vor allem dem globalen Süden aus der Armut hilft und ökologische Probleme löst. Trump wiederum zielte auf eine Wählerschicht ab, die unter dem gravierenden Verlust an Industriejobs seit dem Jahr 2000 zu leiden hatte. Damals gab es noch 17,2 Millionen Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe, heute sind es noch 12,3 Millionen, übrigens 500.000 mehr als zu Beginn von Obamas Amtszeit.

Nafta neu verhandeln

Viele der Jobs gingen im sogenannten Rust Belt verloren. Der „Rostgürtel“, das sind jene Teile der Vereinigten Staaten, die für den Niedergang der einst stolzen produzierenden Industrie des Landes stehen. Sie liegen zwischen den Großen Seen um die ehemalige Autometropole Detroit und den ehemaligen Bergbauregionen bis an die Ostküste um New York und Boston. Seit Ende der 70er Jahre halbierte sich der Anteil der produzierenden Industrie am Bruttoinlandsprodukt der USA auf heute noch 12,8 Prozent. Genau in diesem Rust Belt hat Trump den Demokraten nun die beiden wichtigen Staaten Pennsylvania und Michigan abgejagt.

Trump hat zwei Dinge konkret angekündigt. Erstens, dass er Nafta neu verhandeln will. Das von Bill Clinton 1993 unterzeichnete Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko zerstörte in Mexiko die Lebensgrundlage vieler Kleinbauern wegen der billigen Getreideimporte aus den USA. In den USA trug es dazu bei, dass vor allem Jobs in der Autoindustrie wegbrachen. Wie viele, daran scheiden sich die Geister.

Börsen bleiben cool

Starke Schwankungen: Anleger weltweit haben nach dem ersten Schock über den Wahlsieg von Donald Trump Gelassenheit gezeigt. Anders als im Juni nach dem überraschenden Ja der Briten zum Brexit lagen die Ak­tienkurse an den Börsen wenige Stunden nach dem Bekanntwerden des Wahlergebnisses nur noch leicht im Minus.

Europa: Der Deutsche Aktienindex (DAX) startete mit starken Verlusten, verringerte das Minus aber schnell. Die Londoner Börse verzeichnete zu Handelsbeginn Verluste von 1,87 Prozent, erreichte gegen 11.00 Uhr den grünen Bereich und notierte danach wieder im Minus.

Russland: Gegen diesen Trend legten die Kurse in Russland zu. Auch der russische Rubel stabilisierte sich gegenüber dem Dollar.

Asien: Dort schlossen die Börsen bereits kurz nach Bekanntwerden des Wahlsiegs Trumps – entsprechend größer war die Auswirkung der Überraschung. In Tokio fiel der Nikkei-Index um 5,36 Prozent. Deutlich im Minus waren auch die Kurse in Hongkong, Seoul, Manila und Mumbai.

Dollar: Der Dollar verlor nur leicht an Wert. Heftig dagegen war der Verlust für den mexikanischen Peso, der bereits während des Wahlkampfs gelitten hatte, weil Trump immer wieder gegen Mexiko Stimmung gemacht hatte.

Gold: Anleger flüchteten sich in sicherere Werte und investierten in Gold. Der Goldpreis legte im asiatischen Handel deutlich zu.

Trump jedenfalls schaffte es im Wahlkampf, Hillary Clinton persönlich die Schuld für Nafta zu geben, auch wenn sich die damalige First Lady 1993 um eine Gesundheitsreform kümmerte. Die scheiterte später am Widerstand der Republikaner – die dafür wiederum Nafta größtenteils unterstützten. Um heute, im Jahr 2016, einen Präsidenten zu stellen, der Nafta verteufelt.

Zweiter Punkt ist, dass Trump das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP ablehnt, zwischen zwölf Ländern, darunter neben den USA, Kanada und Mexiko etwa Peru, Japan, Australien oder Singapur. Auch das Abkommen schrieb Trump Clinton zu. „Hillary Clintons TPP wird ein noch größeres Desaster für die Autoindustrie“, war einer der Standardsätze.

Clinton hatte TTP nach anfänglicher Unterstützung abgelehnt – wohl auch, weil sie die Stimmen linker, demokratischer Freihandelsgegner brauchte. Ihr Hauptkritikpunkt waren Schiedsgerichte, vor denen Unternehmen aus den zwölf TPP-Staaten die USA verklagen könnten. Genau die Gerichte, die im Fall von TTIP auch der EU drohen.

So detailliert hat Trump das Thema nie bearbeitet. TPP ist fertig ausgehandelt, doch Trump könnte dem Abkommen einfach die Unterschrift verweigern. Nafta könnte der neue Präsident ohne den Senat nicht einfach kündigen.

Bei TTIP sieht es ganz anders aus. Das ist noch nicht fertig ausgehandelt. Im Wahlkampf war das Abkommen zwischen den USA und der EU praktisch kein Thema. Trump wetterte stets gegen TPP, seine Position zu TTIP ist völlig offen. Allerdings hat sich die öffentliche Stimmung in den USA in den vergangenen drei Monaten gedreht. Heute ist die Mehrheit laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Greenberg, Quinlan and Rosner gegen Freihandel.

Eine Mehrheit der Amerikaner ist der Ansicht, Freihandel habe ihnen in der Vergangenheit geschadet. Besonders stark vertreten ist diese Meinung bei den Trump-Wählern. Das könnte bedeuten, dass damit auch TTIP nicht mehr durchzusetzen ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • An diesem Kommentar von Volker Arzt ist sogut wie alles falsch: 1) Es geht bei TTIP um den Handel zwischen reichen Industrieländern, nicht um den mit der "Dritten Welt". 2) Auch in Deutschland war die Opposition gegen TTIP motiviert durch Angst vor Chlorhühnern, Genmais und drohenden Klagen von US-Konzernen vor Schiedsgerichten. Nichts davon hat mit der Lage der ärmeren Länder zu tun. 3) Wenn TTIP so schrecklich für die Armen dieser Welt wäre, müßte man sich nicht als Linker in jedem Fall über das Scheitern freuen- unabhängig von der Ursache? 4) Warum Solidarität nur mit den Aremn des Südens, aber nicht mit arbeitslos und arm gewordenen ehemaligen Industriearbeiter des US-"Rust Belts"? Die Formulierungen im taz-Artikel über den Rust Belt erwecken den Eindruck, daß dem Autor letztlich egal ist, wenn da jemand arbeitslos wird.

    6) Ist dieser Text eigentlich als Kommentar gemeint. Er enthält viel zuviel Meinung für einen Nachrichtenartikel, ist aber nicht als Kommentar gekennzeichnet. 7) Was für ein Eindruck entsteht, wenn Linke TTIP schlecht reden, aber es nicht gut finden, wenn TTIP aus den falschen gründen scheitert? Viele Wähler kommen zu dem Schluß: Sowas TTIP ist schlecht, aber wirklich verhindert werden kann es nur durch die Rechten. Und wählen entsprechend.

  • Er wird entweder schon wissen oder schnell erfahren, dass die globalen Regeln nicht so leicht zu ändern sind. Er hat seinen Wählern die USA von vor 50 Jahren versprochen. Die Zeiten sind vorbei. Strukturell.

     

    Außerdem hat sich ein System etabliert, dass der amerikanische Präsident alleine schon lange nicht mehr aus der Laune heraus ändern kann. Er wird dafür Schuldige ausmachen, und wenn es auf Unwahrheiten wie im Wahlkampf basiert, interessiert es den Großteil seiner Wähler auch nicht.

     

    Rein weltwirtschaftlich gesehen sollten sich alle mal wieder beruhigen. Politisch gesehen ist seine Wahl als Auftrieb für Populisten, Schreihälse und Rechte viel brisanter.

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Sapasapa:

      "Rein weltwirtschaftlich gesehen sollten sich alle mal wieder beruhigen."

       

      Also Globalisierung as usual? Glaube ich nicht. Genauso wie Anti-Trust-Gesetze Anfang des 20 Jh. oder New Deal in den 30er Jahren wird es jetzt einen Bruch geben.

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Genau den Bruch, von dem alle reden, wage ich zu bezweifeln. Wie soll der vor dem Hintergrund der ganzen Freihandelsabkommen, die bereits existieren oder in Entstehung sind, aussehen?

         

        Die 20er und 30er haben wir endgültig verlassen.

  • Es werden leider wieder die falschen Schlüsse gezogen. Die Kritik am Establishment ist inzwischen so gross, dass es eine unheilige Allianz der linken und rechten Opposition gibt. Daraus zu schließen, wir müssten die Rechten stärker ausgrenzen, ist das falsche Rezept, dass in der Vergangenheit schon nicht funktioniert hat. Mehr davon macht noch mehr kaputt.

    Clinton ist auch nicht an einer gläsernen Decke sondern an sich selbst gescheitert. Ihre Korruption, strafbare Beweisvernichtung im e-Mail Skandal und selbstgerechte Lügenshow hat es dem Hanswurst Trump leicht gemacht zu gewinnen.

    Die Wahl war eine Protestwahl. Gerade deshalb hat Trump gewonnen, als er scheinbar unaufholbar zurück lag. Viele wollten Clinton einen Denkzettel verpassen, aber nicht wirklich Trump zum Präsidenten.

    Was aber sind die richtigen Rezepte dagegen dass populistische Parolen erfolgreich sind? Noch nie hat in Deutschland ein Kanzler oder eine Kanzlerin so ausgewogen und uneitel Politikstatements abgegeben. Und noch nie war die Realität der durchgeführten Politik so weit von diesen Idealen entfernt. Dies kostet Merkel und der EU sehr viel Glaubwürdigkeit und Unterstützung. Kritisch ist dies vor allem für die EU, da dort von diesem Glaubwürdigkeitsverlust die Institution und die Ämter direkt betroffen sind und nicht zwischen den unfähigen EU-Kommissaren und deren Ämtern unterschieden wird. Dagegen färbt die verlogene Politik von Frau Merkel nur wenig auf das Amt der Bundeskanzlerin ab.

    • @Velofisch:

      "Die Wahl war eine Protestwahl." Das kann aber auch ganz gefährliches Wunschdenken sein - wenn Sie damit sagen wollen, dass die Mehrheit letzten Endes auch nur Friede, Freude, Eierkuchen möchte.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Man findet in dem Artikel keine Entwicklung der Überschrift? "Falscher Freund"? Von wem? Den linken Globalisierungskritikern, die "einen gerechteren Welthandel, der vor allem dem globalen Süden aus der Armut hilft und ökologische Probleme löst."?

    Das hat Trump nie vorgegeben zu sein.

  • Mit Clinton hätte es bestimmt die Reinheit der Lehre gegeben, klar...