piwik no script img

Keine NSA-Geheimnisse für den Bundestag

Bundesverfassungsgericht Linke und Grüne können Einsicht in Selektorenliste nicht durchsetzen

BERLIN taz | Die Bundesregierung muss dem Bundestag keinen Einblick in die NSA-Selektorenliste geben. Das Bundesverfassungsgericht hat eine entsprechende Klage von Linken und Grünen abgelehnt.

Im April 2015 war herausgekommen, dass der Bundesnachrichtendienst die Kommunikation im Ausland mit Hilfe von Selektoren überwachte, die ihm der US-Geheimdienst NSA zur Verfügung stellte. Teilweise bezogen sich die Selektoren (etwa E-Mail-Adressen und Telefonnummern) auch auf deutsche und europäische Ziele wie den Rüstungskonzern EADS. 40.000 dieser Selektoren hatte der BND selbst ausgesondert.

Der ohnehin tagende NSA-Untersuchungsausschuss verlangte Einblick in die Selektorenlisten. Doch die Bundesregierung verweigerte dies mit der Begründung, die USA hätten ihre Zustimmung verweigert. Letztlich bekam nur eine von der Regierung bestimmte Vertrauensperson, der ehemalige Bundesverwaltungsrichter Kurt Graulich, Einblick in die Listen.

Dagegen klagten Grüne und Linke beim Bundesverfassungsgericht. Sie sahen ihre parlamentarischen Kontrollrechte verletzt. Auch Abgeordnete müssten prüfen können, wen und was der BND im Auftrag der NSA ausspioniert. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Klage abgelehnt. Die Handlungsfähigkeit der Exekutive habe in Zeiten der terroristischen Bedrohung Vorrang vor den Aufklärungsinteressen des Bundestags.

Die Richter betonten, dass der Staat die Pflicht habe, das Leben der Bürger vor terroristischen Anschlägen zu schützen. Bei der Abwehr der Gefahr arbeiteten die deutschen Sicherheitsbehörden auch mit ausländischen Nachrichtendiensten zusammen. Diese Zusammenarbeit sei aber gefährdet, wenn die Bundesregierung die von der NSA erhaltenen Selektorenliste ohne Zustimmung der USA dem Bundestag übergebe.

Nach Ansicht der Bundesregierung beeinträchtige selbst eine nur vorübergehende Trübung des Verhältnisses zur NSA die Kooperationsfähigkeit der deutschen Geheimdienste. Letztlich entstehe so eine „Gefährdungslage für die innere und äußere Sicherheit“. Diese Einschätzung der Bundesregierung hielten die Verfassungsrichter für akzeptabel. Sie betonten zwar, dass kein völlig „kontrollfreier Raum“ entstehen dürfe. Dies sei aber auch nicht der Fall gewesen, da Sonderermittler Graulich seine wesentlichen Ergebnisse am Ende dem Parlament mitgeteilt habe. (Az.: 2 BvE 2/15)

CHRISTIAN RATH

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen