: Wie umgehen mit Israelhass?
ISLAM Jetzt will auch der Landesvorstand der Grünen den Druck auf das „Islamische Zentrum Hamburg“ erhöhen. Die Anerkennung Israels sei ein „unantastbares Prinzip“
von Jean-Philipp Baeck
Innerhalb der Hamburger Grünen geht die Debatte zum Umgang mit der Blauen Moschee in die nächste Runde. Anlässlich der Landesmitgliederversammlung am 26. November hatten einzelne Mitglieder in einem Antrag eine harte Linie gegenüber dem „Islamischen Zentrum Hamburg“ (IZH) gefordert, weil aus der schiitischen Gemeinde zur alljährlichen antiisraelischen Al-Kuds-Demonstration in Berlin aufgerufen werde. Nun soll das IZH sich von der Demo distanzieren – oder aus der Schura fliegen, dem islamischen Dachverband, mit dem Hamburg seit 2012 einen Staatsvertrag hat (taz berichtete).
Nun legte der Landesvorstand der Grünen einen Alternativantrag vor. Das IZH wird darin nicht mehr explizit genannt, aber die „bedingungslose Anerkennung des Existenzrechts Israels“ als ein „unantastbares Prinzip“ festgeschrieben. Das solle auch den Mitgliedsorganisationen des Staatsvertrages klar gemacht werden. Was das heißen soll, erklärte Stefanie von Berg, religionspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und als Mitglied im Landesvorstand auch Mitverfasserin des Antrags: „Die Schura hat schon mal eine Gemeinde ausgeschlossen. Das wird sie vielleicht auch hier in Erwägung ziehen.“ Immer wieder komme es zu antiisraelischen und antisemitischen Tönen aus dem IZH, bis heute stehe die Gemeinde unter Beobachtung des Verfassungsschutzes.
Dawood Nazirizadeh, Vorstandmitglied im Dachverband der „Islamischen Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands“ (IGS), sagte am Montag zur taz, er lehne auch den neuen Antrag der Grünen ab. Der Staat dürfe sich nicht in die internen Angelegenheiten einer Religionsgemeinschaft einmischen. „Wir leugnen nicht, dass es Antisemitismus in Deutschland – auch unter deutschen Muslimen – gibt“, sagte Nazirizadeh. „Wir sind klar gegen Antisemitismus und gehen dagegen vor.“ Die Al-Kuds-Demonstration jedoch werde weder vom IZH organisiert noch von der IGS. Er beruft sich auf die Meinungsfreiheit: Kritik an Menschenrechtsverletzungen seitens Israels dürften nicht als Antisemitismus gewertet werden.
Eine Verständigung darüber, was antisemitisch ist, steht in dieser Debatte aber wohl noch aus. Denn ob etwa ein Holocaust-Karikaturen-Wettbewerb darunter fällt, wie er auch in diesem Jahr wieder im Iran stattfand – dazu wollte Nazirizadeh sich nicht öffentlich äußern.
Stefanie von Berg, Grüne
Doch es gibt noch mehr zu klären: Denn die Forderung nach einer Loslösung des IZH von der Schura dürfte so leicht nicht zu erfüllen sein: Einer der drei Vorsitzenden der Schura kommt aus der schiitischen Gemeinde. Zudem: Sollte der Aufruf zu einer noch so schlimmen Demonstration derartige Konsequenzen haben? Zu einer genehmigten Versammlung, die von der Meinungsfreiheit gedeckt wird? Und umgekehrt: Wie steht es mit dem Israelhass in muslimischen Gemeinden, der nicht durch Aufrufe öffentlich wird? Und nicht zuletzt: Zu welchen Konsequenzen führt Antisemitismus von Mitgliedern christlicher Gemeinden?
Der Leiter des IZH sei „ein linientreuer Anhänger der iranischen Staatsdoktrin“, schreibt der Hamburger Verfassungsschutz im Juli 2016. Das IZH werde außerdem Iran durch ein Gremium des Obersten Religionsführer Khamenei gesteuert, der wiederum, zuletzt im September 2015 das bevorstehende Ende Israels prophezeite. Ebenso führt der Verfassungsschutz die schlechte Menschenrechtslage im Iran an, die Repression religiöser und ethnischer Minderheiten und die hohe Anzahl an Hinrichtungen.
Just in diesen Tagen aber ist Hamburgs parteiloser Wirtschaftssenator Frank Horch gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) in Teheran, um die Geschäftsbeziehungen anzukurbeln – ein Händeschütteln, für das sich seit dem Abschluss des Atomdeals mit dem Iran zahlreiche deutsche Amtsträger nicht zu schade waren. Klingt das nach klarer Linie?
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