: EU reicht Klage wegen zu hoher Nitratwerte ein
Landwirtschaft Die Kommission wirft Deutschland vor, zu wenig gegen Überdüngung zu tun
Das meiste Trinkwasser wird aus Grundwasser gewonnen. Das Nitrat darin wandelt sich im Körper in gesundheitsgefährdendes Nitrit um. Zu viel Nitrat in Flüssen, Seen und Meeren kann zudem dazu beitragen, dass Pflanzen- und Tierarten aussterben.
Die Kommission wirft der deutschen Regierung vor, seit Jahren nicht für strengere Maßnahmen gegen die Gewässerverunreinigung durch Nitrat gesorgt zu haben – insbesondere gegen das Ausbringen von Dünger in der Landwirtschaft. Damit hat die Bundesregierung aus Sicht Brüssels die europäische Nitratrichtlinie von 1991 missachtet. Die EU-Kommission argumentiert, Deutschland hätte spätestens 2012 die Düngevorschriften verschärfen müssen. Brüssel verweist auf Grundlage von Daten aus Deutschland auf eine Nitratverunreinigung des Grundwassers und der Oberflächengewässer einschließlich der Ostsee.
Die Kommission kritisiert insbesondere, dass in Deutschland nach wie vor erheblich mehr Dünger auf die Äcker aufgebracht werden dürfe, als die Pflanzen überhaupt aufnehmen können. Eine Begründung für diese Regelung habe die Regierung nicht liefern können. Kritisiert werden demnach auch die Sperrzeiten, in denen das Ausbringen von Gülle verboten ist: In Deutschland betragen sie derzeit maximal drei Monate. Stand der Wissenschaft sind laut EU-Kommission jedoch eine fünf- bis siebenmonatige Düngepause.
Bei einer Verurteilung droht Deutschland eine Milliardenstrafe und möglicherweise ein Landwirtschaftsverbot auf besonders belasteten Flächen. Der Prozess in Luxemburg kann sich aber in die Länge ziehen. Laut EuGH betrug die durchschnittliche Dauer von Klageverfahren 2015 zwischen 17 und 18 Monaten.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) forderte eine schnelle Reform der Düngeverordnung. Sein Ziel sei es, einen Ausgleich zwischen Umweltinteressen und einer praktikablen Lösung für die Landwirte zu schaffen, erklärte Schmidt.
Allerdings gibt es selbst in der Großen Koalition Zweifel daran, dass Schmidts Entwurf den Düngerüberschuss genügend begrenzen würde. Die Fassung, die sein Ministerium Ende 2015 nach Brüssel geschickt hatte, wurde von der EU-Kommission schon scharf kritisiert.
Jost Maurin
Meinung + Diskussion
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen