Kommentar Asylvorschlag der Grünen: Spielchen mit Schutzbedürftigen

Mit „Fast and Fair“ machen die Grünen der Regierung ein Angebot, das der Union gefallen müsste – ohne dabei die eigene Klientel zu verschrecken.

Die grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt steht in einem roten Blazer vor einer Grünen Wand mit der Aufschrift "Grüne Jugend"

Gut gelaufen: Die grüne Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt hat „Fast and Fair“ mitinitiiert Foto: dpa

Für die Grünen war es ein taktischer Volltreffer. „Fast and Fair“ ist ihr menschenrechtlich vertretbarer Alternativvorschlag zu den von der Großen Koalition geforderten sicheren Herkunftsstaaten: keine Einschränkungen im Verfahren, garantierter Rechtsbeistand – und nicht zuletzt ein Abbau der zermürbenden Bürokratie, die für sich monatelang hinziehende Verfahren sorgt.

Dass die Partei sich um Menschenrechte sorgt, erwartet die Kernklientel. Für so manches Mitglied war die grüne Zustimmung zu den sicheren Herkunftsstaaten im Fall der Westbalkanländer die rote Linie. Das war im September 2014. Diese Linie wollen die Grünen nun offensichtlich nicht noch einmal überschreiten.

Gleichzeitig ist der Vorschlag der Grünen so sehr mit den Vorstellungen der Union kompatibel, dass diese der Partei kaum eine totale Blockadehaltung vorwerfen kann. Informationskampagnen in den Herkunftsländern – so was kennt man sonst von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seiner Plakatkampagne in Afghanistan. Die Grünen wollen sich erkennbar auf keinen Fall die Option auf Schwarz-Grün verbauen.

Die Regierung wiederum beharrt auf ihrem Gesetzentwurf. Vor allem die CSU hat sich die sicheren Herkunftsstaaten groß auf die Fahne der Symbolpolitik geschrieben. Und von der Opposition lässt man sich seine Gesetzesvorhaben nicht ausreden. „Fast and Fair“ ja, aber nur als Zusatz zum eigenen Gesetzentwurf – nicht stattdessen.

Die Grünen wollen sich auf keinen Fall die Option auf Schwarz-Grün verbauen

Nun könnten beide Vorschläge bis in alle Ewigkeit in den Schränken lagern. Oder die Union lässt doch über ihren Gesetzentwurf abstimmen – um ihn im Bundesrat an den Grünen scheitern zu lassen. Damit könnten wohl beide Seiten gut leben: Die Union hätte ihren Sündenbock. Die Grünen wiederum könnten weiter ihr Menschenrechtsfähnlein hochhalten.

Auf der Strecke bleiben bei diesem Spielchen ganz klar: die Asylsuchenden.

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leitet das Inlandsressort der taz. Davor war sie dort seit Oktober 2018 Redakteurin für Migration und Integration und davor von 2016-17 Volontärin der taz Panter Stiftung. Für ihre Recherche und Berichterstattung zum sogenannten Werbeverbot für Abtreibungen, Paragraf 219a StGB, wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Im März 2022 erschien von Gesine Agena, Patricia Hecht und ihr das Buch "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.

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