piwik no script img

Gericht: Kachelmann falsch beschuldigt

JUSTIZ Die angeblich vergewaltigte Geliebte habe sich Verletzungen selbst zugefügt und Polizei belogen

Sie unterlag: Claudia D. Foto: Rumpenhorst/dpa

FRANKFURT/MAIN taz | Jörg Kachelmann ist gerichtlich rehabilitiert. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main stellte fest, dass seine Exgeliebte Claudia D. vorsätzlich gelogen hatte, als sie ihn der Vergewaltigung beschuldigte. D. muss nun rund 7.000 Euro Schadensersatz an den Schweizer Wettermoderator zahlen.

Im Februar 2010 hatte die Rundfunkjournalistin Claudia D. ihren langjährigen Liebhaber Kachelmann bei der Polizei angezeigt. Er habe sie mit einem Messer bedroht und zum Sex gezwungen. Kachelmann wurde verhaftet und saß vier Monate in Untersuchungshaft. Im Mai 2011 wurde Kachelmann vom Landgericht Mannheim zwar freigesprochen, aber nur nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. Die damaligen Richter warfen Claudia D. ausdrücklich keine falsche Beschuldigung vor.

Um den Makel zu beseitigen und neue Richter mit dem Fall zu befassen, forderte Kachelmann Schadensersatz von Claudia D. Zunächst hatte das Manöver aber keinen Erfolg. Im Dezember 2013 lehnte das Frankfurter Landgericht seine Klage ab: Es lasse sich nicht ausreichend sicher feststellen, dass die Frau gelogen habe.

Anders nun das OLG Frankfurt als Berufungsinstanz: „Wir sind mit der notwendigen Gewissheit davon überzeugt, dass die Beklagte wissentlich die Unwahrheit gesagt hat.“ Sie habe in der Absicht gelogen, Kachelmann hinter Gitter zu bringen. Ihr Motiv sei vermutlich Rache gewesen, weil Kachelmann heimlich Parallelbeziehungen zu anderen Frauen geführt hatte.

Das OLG stützte sich vor allem auf ein Gutachten des Frankfurter Rechtsmediziners Marcel Verhoff. Er war in einer „Gesamtschau“ zu dem Ergebnis gekommen, dass sich Claudia D. die bei der Polizei vorgezeigten Verletzungen selbst beigebracht hatte. Die Kratzer und blauen Flecken an Hals, Bauch und Oberschenkel seien relativ oberflächlich und einheitlich gewesen und hätten sich jeweils an Orten befunden, die die Rechtshänderin D. mit ihrer „Arbeitshand“ gut erreichen konnte. Damit seien die typischen Merkmale für Selbstverletzungen erfüllt gewesen, so der Gutachter. Außerdem habe die Art der Verletzungen teilweise nicht zu D.s Schilderungen der angeblichen Vergewaltigung gepasst.

Die Höhe des Schadensersatzes ergab sich aus den Kosten von drei Gutachten, die Kachelmann in Auftrag gab, als er noch in U-Haft saß. „Der tatsächliche Schaden war viel größer“, sagte seine Anwältin Ann Marie Welker auf Nachfrage. Kachelmann dürfe nicht mehr bei der ARD arbeiten, habe Werbeverträge verloren und musste seine Produktionsfirma verkaufen. „Wir haben bewusst nur eine kleine Summe eingeklagt, denn es ging nicht ums Geld, sondern um die Rehabilitation.“

Das Urteil wird vermutlich rechtskräftig werden. Das OLG ließ keine Revision zu.

Claudia D. sieht sich als Opfer eines „Justizskandals“ durch den Senat

Nach dem Urteil postierte sich Claudia D. vor den Kameras und verlas eine Erklärung: „Sie wurden Zeugen eines Justizskandals!“ Ein „rein männlich besetzter Senat“ habe an ihr ein Exempel statuiert. Das Urteil solle Frauen davon abhalten, Vergewaltigungen anzuzeigen. Der Hintergrund laut D.: Sonst würde die überlastete Justiz zusammenbrechen.

Anschließend trat Kachelmann vor die Kameras und erklärte, nun sei endlich der auf ihm lastende „Restzweifel“ weg. Das Gericht habe festgestellt, dass er „Opfer eines Verbrechens“ wurde. Sein zweiter Anwalt Johann Schwenn regte an, dass die Staatsanwaltschaft gegen Claudia D. wegen falscher Verdächtigung ermitteln sollte. Kachelmann selbst werde jedoch keine Strafanzeige erstatten. Christian Rath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen