piwik no script img

Ein kostspieliger Wurf

Fans Der Bundesgerichtshof urteilt, dass ein böllerwerfender Zuschauer die vom Verband verhängte Klubstrafe zahlen muss

KARLSRUHE taz | Wer im Stadion mit Böllern wirft, muss auch für eventuelle Strafen des Vereins aufkommen. Das hat an diesem Mittwoch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil entschieden. Er hob dabei eine anders lautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln auf.

Auslöser des Rechtstreits war ein Vorfall im Kölner Rheinenergiestadion im Februar 2014. Der 1.FC Köln spielte damals noch in der Zweiten Liga und hatte den SC Paderborn zu Gast. In der Nordkurve zündete ein damals 40-jähriger Mann einen Böller vom Typ „La Bomba“ und warf ihn vom Ober- in den Unterrang. Sieben Kölner Fans wurden dadurch verletzt. Augenzeugen, die den Vorfall beobachtet hatten, informierten den Ordnerdienst und die Polizei. Der betrunkene Mann konnte festgenommen werden. Später wurde er wegen Körperverletzung zu 18 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Auch für den 1. FC Köln hatte der Vorfall Folgen. Der DFB verhängte gegen den Klub eine Verbandsstrafe von insgesamt 80.000 Euro, wobei auch einige andere Vorfälle mit anderen Fans erfasst wurden. Einen Teil dieser Summe – 30.000 Euro – wollte sich der Verein von dem Böllerwerfer zurückholen. Dagegen klagte der Mann. Beim Landgericht Köln unterlag er, doch das Kölner Oberlandesgericht entschied im Dezember 2015 überraschend zu seinen Gunsten.

Die OLG-Richter argumentierten damals, dass der Böllerwurf zwar für die Verbandsstrafe ursächlich war, die Strafe könne dem Randalierer aber nicht „zugerechnet“ werden. Das Böllerverbot solle nur die Gesundheit anderer Zuschauer schützen, nicht aber die Vereinsfinanzen. Wer im Stadion Böller werfe, müsse nicht damit rechnen, dass er hinterher dem Verein die Verbandsstrafen ersetzen müsse.

Das sah der BGH nun aber anders. „Das Böllerverbot und die Verbandsstrafe haben durchaus einen inneren Zusammenhang“, betonte der Vorsitzende Richter Wolfgang Eick. „In beiden Fällen geht es um einen ungestörten Ablauf des Fußballspiels.“ Die Verbandsstrafe beruhe auf dem Verhalten des Mannes. Der Schutzzweck des Böllerverbots erfasse deshalb auch die finanziellen Interessen des Vereins. „Es besteht also ein klarer Zusammenhang zwischen dem kriminellen Verhalten des Mannes und dem eingetretenen Schaden“, folgerte Eick.

Der BGH läutete damit aber keine neue Ära ein. Schon bisher haben Vereine solche Verbandsstrafen bei den verursachenden Fans eingetrieben – wo es möglich war. Auch die Gerichte haben das bisher unterstützt. Die Entscheidung des OLG Köln war hier ein Ausreißer. Die Vereine sind nun aber froh, dass sie mit dem BGH-Urteil Rechtssicherheit haben. Zudem konnte ein öffentlichkeitswirksames Signal gesetzt werden.

Der konkrete Rechtsstreit ist damit aber noch nicht zu Ende. Der BGH verwies den Fall zurück ans OLG. Dort ist noch zu untersuchen, ob der Mann so betrunken war, dass er mangels Schuldfähigkeit doch nicht haften muss. Christian Rath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen