: Innenressort prüft „Fragebogen“
MIGRATION Das Innenressort will Abläufe um ein Formular der Ausländerbehörde überprüfen. Die taz berichtete, dass MitarbeiterInnen der Inneren Mission Flüchtlinge drängen, es auszufüllen
Sofia Leonidakis, Die Linke
Das Vorgehen sei „nicht zwingend“, es erfolge „im Interesse der Betroffenen“ und „dient auch der Beschleunigung der Verfahren“. Das erklärte das Innenressort am Montag in Bezug auf Stadtamt-Fragebögen, die in der Notunterkunft Gottlieb-Daimler-Straße an Flüchtlinge ausgeteilt werden. Der Zettel solle aber geändert und die Abläufe mit dem Sozialressort „erneut erörtert“ werden – „um Irritationen zu vermeiden“.
Die taz hatte berichtet, dass MitarbeiterInnen der Inneren Mission Flüchtlinge dazu drängen, Formulare auszufüllen, die mit „Stadtamt Bremen“ überschrieben sind sowie mit „Anhörung zwecks Feststellung der erlaubten/unerlaubten Einreise und ggf. Umverteilung gemäß § 15a AufenthG“. Gefragt wird darin unter anderem, ob ein Asylantrag gestellt werden möchte und ob ein „zwingender Grund“ für einen Verbleib in Bremen bestehe. Meist folgt auf die Unterschrift eine Verteilung in ein anderes Bundesland. Anwälte und Flüchtlingsinitiativen kritisieren das Vorgehen als unrechtmäßig: Aufenthaltsrechtliche Anhörungen würden als Aufgabe auf SozialarbeiterInnen übertragen.
Das Innenressort erklärte dazu nun: „Es erfolgt keine Aufgabenübertragung auf MitarbeiterInnen der Inneren Mission.“ Bei dem Fragebogen handele es sich „nicht um eine verwaltungsverfahrensrechtliche Anhörung“. Um dies deutlich zu machen, sollen die Bögen zukünftig die Überschrift „Fragebogen“ erhalten. „Die Betroffenen sind nicht verpflichtet, die Fragebögen auszufüllen.“ Vielmehr erhielten sie „über den von der Ausländerbehörde erstellten Fragebogen zu einem frühen Zeitpunkt die Möglichkeit, die Behörden über Umstände zu unterrichten, die einer Umverteilung entgegenstehen“.
Nach taz-Informationen hatten Unterkunfts-MitarbeiterInnen Flüchtlingen gedroht, sie rauszuwerfen, wenn sie die Formulare nicht ausfüllen. In der Notunterkunft Gottlieb-Daimler-Straße geht es dabei um junge Flüchtlinge, die das Jugendamt nach einer Altersschätzung nicht für unbegleitete Minderjährige, sondern für Erwachsene hält. Die Umverteilung erfolgt auch, wenn gegen die Altersfeststellung Widerspruch eingelegt wurde.
Laut Innenressort prüfe die Ausländerbehörde, ob die Flüchtlinge „unerlaubt“ eingereist seien, was „rechtlich zwingend zu einer Umverteilung innerhalb Deutschlands“ führe. „In wenigen Einzelfällen wurde von der Verteilung abgesehen, weil zwingende Gründe (z.B. Vaterschaft), die einer solchen Verteilung entgegenstehen, über die Fragebögen übermittelt wurden.“
Der grüne Innenpolitiker Wilko Zicht erklärte: Der Vorgang wirke für ihn „eher seltsam“: „Es kann nicht sein, dass MitarbeiterInnen der Inneren Mission aufenthaltsrechtliche Verfahren durchführen und bislang habe ich keine Argumente gehört, warum dies hier nicht der Fall sein soll.“
Auch für Sofia Leonidakis, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linksfraktion, handelt es sich um eine Übertragung von Verwaltungsaufgaben auf SozialarbeiterInnen: „Früher hat es in diesem Verfahren eine mündliche Anhörung bei der Ausländerbehörde gegeben. Jetzt haben die Betroffenen keinen Kontakt mehr zur Behörde, sondern nur noch zu Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Inneren Mission.“ Träger von Unterkünften dürften dabei nicht der verlängerter Arm der Ausländerbehörde werden, so Leonidakis. jpb
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