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Tod hinter verschlossenen Türen

SYRIEN Amnesty International berichtet über Vergewaltigung, Folter und Tod in Assads Gefängnissen. Demnach kamen dort seit 2011 fast 18.000 Menschen ums Leben

Von Beate Seel

BERLIN taz | „Es gibt keine Worte, die unsere Hölle beschreiben können. Eine Hölle, die täglich damit endet, dass einer von uns stirbt, in ein Tuch gewickelt. Und in der wir die Wahl haben zwischen einem schnellen Tod durch die Hand eines Vernehmungsbeamten, dem unsere Aussage nicht gefällt, und einem schleichenden Tod in einem Käfig, der unsere Körper langsam aufzehrt.“

Diese Sätze stammen aus einem Brief, den eine syrische Menschenrechtsgruppe an Amnesty International (AI) übergab. Der Verfasser, Hussam (*), ein friedlicher Aktivist und Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad, wurde 20 Monate in Sadnaya festgehalten, einem der schlimmsten Gefängnisse in Syrien. Mittlerweile wurde er in eine andere Hafteinrichtung verlegt.

„Die Angst bleibt auch nach der Entlassung aus dem Gefängnis unser ständiger Begleiter“, schreibt Hussam in Bezug auf Sadnaya weiter. „Angst, nach Sadnaya zurückzumüssen. Angst vor dem Klang der Metallgitter und vor den Schreien, die mich bis zum Einschlafen verfolgen. Angst vor dem Weg zum Gericht. Angst vor Kälte, Krankheit und Hunger, der mit keiner anderen Art von Hunger zu vergleichen ist. Zum Überleben essen wir Eierschalen, mit Glück Orangenschalen, selbst Erde.“

Laut einem von AI am Donnerstag veröffentlichten 73-seitigen Bericht mit dem Titel „Das bricht den Menschen“ kamen seit dem Jahr 2011, dem Beginn der Proteste gegen Assad, mehr als 17.700 Menschen in Syriens Gefängnissen ums Leben. Die Untersuchung beruht unter anderem auf Interviews mit 65 Überlebenden der Folter, die ihrer Heimat den Rücken gekehrt haben. Wie andere Menschenrechtsorganisationen erhält auch AI von den syrischen Behörden keine Erlaubnis für Recherchen im Lande selbst.

Die Überlebenden berichten von einer ganzen Palette von Folter. Das reicht von Schlägen, Verbrennen mit Zigaretten oder heißem Wasser bis zu Elektroschocks, das Ziehen von Finger- und Fußnägeln, Peitschenhiebe auf die Fußsohlen bis zum Aufhängen an den Handgelenken, das Zwängen in Reifen, sexuelle Belästigung und Vergewaltigung.

„Angst ist unser ständiger Begleiter“

Hussam, ein syrischer Gefangener

Schon unter Hafis al-Assad, dem im Jahr 2000 verstorbenen Vater des heutigen Präsidenten, waren Folter und Tod im Gefängnis oder das „Verschwindenlassen“ von Personen gängige Praxis. Heute sprechen die Autoren des AI-Berichts in diesem Zusammenhang denn auch von einem „Angriff gegen die Zivilbevölkerung, der einer staatlichen Politik entspricht, die sowohl weit verbreitet als auch systematisch“ ist. Demzufolge, so AI weiter, handle es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Hussam, der Verfasser des Eingangs zitierten Briefes, endet sein Schreiben mit den Worten: „Die Verlegung aus Sadnaya in ein anderes Gefängnis bedeutet eine neue Lebenschance für mich. Deshalb bitte ich euch […], alle nur möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um alle Inhaftierten zu retten und dieses kriminelle Regime aufzuhalten, das uns und unsere Freundinnen und Freunde auch nach fünf Jahren noch unter Schmerzen gefangen hält, die sich nicht beschreiben lassen.“

(*) Name geändert

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