Berliner Polizei
bestätigt Blamage

AutonomeSoKo will linksradikale Brandstifter ertappen, schnappt aber nur einen Rechten

Es handelt sich wohl nicht um einen ­Sympathisanten

BERLIN taz | Am Donnerstagnachmittag meldet sich die Berliner Polizei zu Wort: Bei dem in der Nacht zu Mittwoch in Berlin-Lichtenberg festgenommenen mutmaßlichen Brandstifter handle es sich um einen „bereits einschlägig verurteilten und bekannten Brandstifter“, der bereits mehrmals wegen allgemeiner und politisch motivierter Kriminalität in Erscheinung getreten sei. 2012 sei dieser Mann in Hamburg ebenfalls wegen Brandstiftung festgenommen und dort auch von Beamten des Berliner Landeskriminalamts verhört worden.

Diese nüchtern klingende Mitteilung hat es in sich. Denn auch wenn die Polizei den Namen des Beschuldigten nicht nennt, bestätigt sie mit diesen Angaben doch die Vermutung, die linke AktivistInnen schon am Mittwoch in die Welt gesetzt hatten: Bei dem ersten Fahndungserfolg der eigens eingerichteten SoKo LinX, die nach der Teilräumung des Berliner Hausprojekts Rigaer94 gegen linksradikale Brandstifter ermitteln soll, handelt es sich wohl nicht um einen Sympathisanten des Projekts. Sondern ausgerechnet um Marcel G., der 2012 umfangreich gegen die Rigaer94 und deren Umfeld aussagte und von dem sich das Hausprojekt öffentlich distanzierte, nach dem die Vernehmungsprotokolle letztes Jahr auf der linken Internetplattform Indymedia veröffentlicht wurden. Mittlerweile ist er Anhänger der rechten Szene.

G. war Dienstagnacht in Berlin-Lichtenberg festgenommen worden, nachdem er nach Auskunft der Polizei versucht hatte, an drei Autos Feuer zu legen. Am Mittwoch hatte sich Innensenator Frank Henkel (CDU) lobend über die Festnahme geäußert: Diese sei „kein Zufallstreffer“, die Polizei habe „hervorragende Arbeit“ geleistet.

In seiner Vernehmung 2012 kam G. immer wieder auf die Rigaer94 zu sprechen. Ein „autonomes Zentrum“ sei das, in dem sich die Szene treffe, um dort Straftaten vor- und nachzubesprechen. Auffällig ist, dass die Rigaer94 ab 2012 im Verfassungsschutzbericht als „Ausgangspunkt und Rückzugsort von bzw. nach militanten Aktionen“ plötzlich ausführlich gewürdigt wird. In den Berichten der Vorjahre wird das Projekt nicht erwähnt.

Dass G., der als psychisch labil gilt und sich laut seinem Facebook-Profil in der rechten Szene inzwischen wohler fühlt als in der linken, als Informant eingesetzt wird oder wurde, bestritt die Polizei am Donnerstag. Eine Blamage für Innensenator Henkel ist die Festnahme dennoch, hatte dieser doch in den vergangen Wochen immer wieder versucht, die BewohnerInnen der Rigaer94 mit den TäterInnen der Brandstiftungsserie gleichzusetzen. Dass diese Gleichsetzung nicht aufgeht, hat die Polizei mit der Festnahme G.s nun selbst bewiesen. Malene Gürgen