: Ermittlungen statt Feier
VORWÜRFE Nach Sexismus- und Rassismus-Enthüllungen: Polizeischüler werden vorerst nicht Beamte. Piratenabgeordneter Breyer: „guter Tag“
Begriffe wie „Kanake“ und „Kümmeltürke“, sexistische Gesten, frauen- und fremdenfeindliche Bilder und Whats-App-Nachrichten: Es war eine lange Liste von Beispielen, mit denen sich Polizeianwärterinnen Ende 2014 über einige männliche Kollegen ihres Ausbildungsjahrgangs beschwerten. Der Vorfall an der Polizeischule Eutin wurde intern geprüft, die Staatsanwaltschaft ermittelte. Im Herbst 2015 endete die Sache ohne Strafe für die Beteiligten. Die sollten eigentlich morgen mit einer Feierstunde zu Beamten auf Probe übernommen werden. Stattdessen wird erneut gegen sie ermittelt. Das berichteten Innenminister Stefan Studt und seine Staatssekretärin Manuela Söller-Winkler (beide SPD) gestern dem Innen- und Rechtsausschuss des Kieler Landtags.
Es sei ein „guter Tag“, der das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei stärke, urteilte der Piraten-Abgeordnete Patrick Breyer. Er hatte die Diskussion mit einer Anfrage ans Ministerium losgetreten. Dieselben Informationen, die bereits 2014 vorlagen, so Breyer, hätten nun offenbar zu neuen Ergebnissen geführt.
Söller-Winkler nannte das eine „reine Spekulation“: Die früheren Unterlagen seien vernichtet worden, die neue Untersuchung basiere auf einem „Papier-Konvolut“, das ein anonymer Absender an den Innenminister gesandt habe. „Ob das dieselben Unterlagen sind, ist unbekannt“, so die Staatssekretärin. Es sei also „kein guter Tag“, sondern eine unschöne Lage für die Polizei insgesamt und die Betroffenen.
Die legten in Eutin ihre letzten Prüfungen ab, während in Kiel der Ausschuss tagte. Ob sie als Polizisten arbeiten werden, sollen weitere Ermittlungen entscheiden. Bis Ende Juli bleiben sie Polizeianwärter „auf Widerruf“. Künftig, so versprach Studt, solle es in den Ausbildungszentren des Landes weitere Betreuung für den Beamtennachwuchs geben; neben der Polizeischule beträfe das auch die Schulen für Verwaltungs- und Finanzbeamte.
Kritik der Ausschussmitglieder zog sich Breyer zu: Der Pirat wolle sich „nur profilieren“, erklärte Axel Bernstein (CDU), und Wolfgang Kubicki (FDP) beschuldigte Breyer, mit „Behauptungen als Tatsachen“ zu argumentieren. Verärgert fragte die Vorsitzende Barbara Ostmeier (CDU), wie das Gremium zu einer gemeinsamen Haltung kommen solle, wenn es unterschiedliche Informationsstände gebe.
Erst nach längeren Wortwechseln gab Breyer zu, was bereits zwischen den Zeilen gesagt worden war: „Ich habe veranlasst, dass Sie die Unterlagen bekommen haben“, sagte er zu Studt. Für ihren Mut lobte er jene Jung-Polizistinnen, die die Vorfälle bei ihren Vorgesetzten gemeldet hatten. EST
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen