Umstrittene Erdgasförderung: Niedersachsen will wieder fracken

Mit dem geplanten Fracking-Gesetz geht es nicht voran. Deswegen will Niedersachsen die Technik nach fünfjährigem Moratorium wieder genehmigen.

Ein Zaun um Gasbohrtgeräten, davor eine Schild mit der Aufschrift "Mit Energie die Zukunft sichern"

Wird hier bald wieder gefrackt? Bohrfeld von ExxonMobil Foto: dpa

HANNOVER dpa | Weil das geplante Fracking-Gesetz des Bundes noch immer auf sich warten lässt, will das erdgasreiche Niedersachsen die Technik nach fünfjähriger Pause wieder genehmigen. „Wir werden weiter beim Bund intensiv daran mitwirken, dass wir hoffentlich eine Regelung auf Bundesebene bekommen“, erklärte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) anlässlich der Jahrestagung des Bundesverbandes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) am Mittwoch in Hannover. „Wenn es nicht zu einer Regelung auf Bundesebene kommt, werden wir es auf Länderebene vernünftig lösen und umsetzen.“ Rund 95 Prozent der deutschen Erdgasvorkommen befinden sich in Niedersachsen.

Niedersachsen brauche auch in Zukunft Erdgas- und Erdölförderung, betonte der Minister. „Deshalb werden wir auf niedersächsischer Seite alle Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Zukunft von Erdöl und Erdgas und auch Geothermie und Geoenergie gesichert ist.“ Fünf Jahre lang hatten Erdgasförderer auf Fracking-Anträge für konventionelle Projekte verzichtet und Niedersachsen solche auch nicht mehr bearbeitet, um die Verabschiedung eines neuen Fracking-Gesetzes zu ermöglichen.

„Die Politik ignoriert völlig, dass es um die Zukunft einer ganzen Branche, deren Mitarbeiter und Standorte geht“, sagte der BVEG-Vorsitzende Martin Bachmann. „Daher wird die Branche keine andere Alternative haben, als eine Bearbeitung aktuell vorliegender und neu einzureichender Anträge auf Basis des geltenden Rechts einzufordern.“

Das Fracking-Gesetz liegt im Bundestag bereits seit einem Jahr auf Eis. Vor allem die SPD beklagt, dass es in der Öffentlichkeit als „Fracking-Elaubnis-Gesetz“ wahrgenommen werde, obwohl es die umstrittene Art der Erdgasförderung doch reglementieren solle. „Wer je an der Notwendigkeit eines Gesetzes gezweifelt hat, wird jetzt eines besseren belehrt“, sagte SPD-Fraktionsvize Ute Vogt. Bundestag und Bundesrat müssten es nun rasch verabschieden. „Sonst wird die Industrie sehr bald mit 40 Jahre alten Umwelt-Standards fracken.“

Protest von Umweltverbänden

Die Opposition hatte Ende April im Bundestag ein komplettes Fracking-Verbot sowie eine namentliche Abstimmung beantragt und damit lautstarke Auseinandersetzungen provoziert.

„Es ist unverantwortlich, dass Minister Lies dem Drängen der Gas- und Ölbranche auch noch Vorschub leistet, anstatt den Fracking-Fans die rote Karte zu zeigen“, sagte die energiepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Bundestag, Julia Verlinden. Die Vorstöße aus Niedersachsen zeigten, dass endlich eine bundesweite Regelung hermüsse. Um die internationalen Klimaschutzziele zu erreichen, brauche es ein komplettes Fracking-Verbot.

Protest kam prompt auch von Umweltverbänden. „Wir sind schockiert, dass sich das Wirtschaftsministerium vor den Karren der Erdölindustrie spannen lässt und die für Mensch und Umwelt gefährlichste Form der Gasförderung, das Fracking, wieder zulassen möchte“, sagte Dorothea Steiner vom Vorstand des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Niedersachsen.

Beim Fracking wird mit Quarzsand und Chemikalien vermischtes Wasser unter hohem Druck in Schiefergestein gepresst, um Erdgas zu gewinnen. Vor allem die USA setzen auf Fracking – auch, um von Erdöl- und Erdgaslieferungen aus dem Ausland unabhängiger zu werden. Gegner fürchten eine Vergiftung des Grundwassers und andere Umwelt-Gefahren.

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