Das Amt der offenen Akten

Sicherungsverwahrung Justizsenator Steffen muss Unterlagen über freigelassenen Straftäter vorlegen

„Wir wollen lückenlos verfolgen, wer wann was wusste – und dennoch nichts tat“

Anna von Treuenfels, FDP

Das könnte ungemütlich werden für Justizsenator Till Steffen (Grüne): Die Vorlage aller Akten zu der vorübergehenden Freilassung eines Sexualstraftäters aus der Sicherungsverwahrung dürfte heute die Bürgerschaft beschließen. Den entsprechenden Antrag der FDP unterstützt zumindest die CDU, zustimmen aber wollen auch SPD und die Grünen selbst. Verhindern könnten die beiden Regierungsfraktionen diese Aktenvorlage ohnehin nicht: Dafür reicht die Zustimmung eines Fünftels der Abgeordneten – also 25 von 121. Das bekämen also FDP und CDU – mit ihren neun respektive 20 Abgeordneten – schon alleine durchgesetzt.

„Wir haben nichts zu verbergen“, sagt denn auch Farid Müller, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen. Andererseits würde auch seine Fraktion gerne aus den Unterlagen erfahren, „was da wie gelaufen ist“, so Müller.

Am 2. Mai war der wegen Kindesmissbrauchs verurteilte Thomas B. wegen schwerwiegender Fehler der Justizbehörde auf Anordnung des Oberlandesgerichts aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden. Die Vollzugsbehörden hatten aus Sicht des Gerichts es versäumt, fristgemäß eine externe einzeltherapeutische Behandlung für den 50-Jährigen zu organisieren. Darum müsse die Sicherungsverwahrung auf Bewährung ausgesetzt werden. Am 6. Mai wurde B. dann wieder festgenommen: Er hatte zwei Bier getrunken und damit gegen Bewährungsauflagen verstoßen.

FDP-Fraktionsvize Anna von Treuenfels-Frowein forderte damals Steffens Rücktritt, die CDU erklärte den Senator gleich zum „Sicherheitsrisiko für die Stadt“, Steffen selbst räumte lediglich Kommunikationspannen in seiner Behörde ein. Von „Rumeiern“ spricht Treuenfels-Frowein, und fragt: „Redet eigentlich niemand in der Justizbehörde mit dem Senator“? Und warum habe seine Vorgängerin Jana Schiedek (SPD) bei der Amtsübergabe im April vorigen Jahres den neuen Senator nicht auf den Fall Thomas B. hingewiesen?

Fragen, auf die Treuenfels Antworten in den amtlichen Akten, E-Mails und sonstigen Schriftstücken zum Fall Thomas B. zu finden hofft. „Wir müssen aufdecken, was da schief gelaufen ist“, sagt die FDP-Abgeordnete: „Wir wollen lückenlos verfolgen, wer wann was wusste – und dennoch nichts tat.“ SMV