piwik no script img

Der Römer, die Büffel, ein Ferrari

Käse Mozzarella muss keine im Plastikbeutel verschweißte Industrieware sein. Aus echter Büffelmilch gefertigt, kann er zu einem handgemachten Luxusprodukt werden. Alessandro Salerno will diese Kultur nach Berlin bringen

von Ulrike Schattenmann

An Selbstbewusstsein mangelt es dem Mann nicht. „The world’s best bufalo mozzarella“ steht auf seinem Stand in der Markthalle Neun. Die weißen Kugeln schwimmen in schwarzen, verknoteten Beuteln wie Goldfische in einer Tüte. Na gut, räumt Alessandro Salerno ein, das mit dem Superlativ sei so eine Sache. „Es gibt vielleicht einige wenige Rivalen, die ähnlich in der Qualität sind. Aber das ist so, als ob du Porsche mit Ferrari vergleichst.“

Für die meisten deutschen Konsumenten dürfte sich das seltsam anhören. Sie kennen Mozzarella als im Plastikbeutel verschweißte Industrieware – preiswert, praktisch überall erhältlich, aber eben auch fade und geschmacklos. „Don’t buy it“, sagt Salerno dazu. Das habe nichts mit dem handgemachten Luxusprodukt zu tun, das er verkaufe. Allein der Zutaten wegen: Sein Mozzarella ist aus echter Büffelmilch. Mit einem Fettanteil von 8 Prozent ist sie um einiges gehaltvoller als Kuhmilch, die hierzulande für die Produktion von Mozzarella verwendet wird.

Alessandro Salerno hat es sich zur Aufgabe gemacht, echte Mozzarellakultur nach Berlin zu bringen. Seit zwei Jahren importiert er den beliebten Pizzakäse aus der Provinz Kampanien in Italien nach Berlin. Seine Karriere als Käsehändler war so nicht geplant. In die Spreemetropole kam der gebürtige Römer eigentlich als Gitarrist und Mitglied eines Free-Jazz-Ensembles. Mit der Musik ließ sich kein Geld verdienen, und so landete Salerno über Umwege und verschiedene Tellerwäscherjobs in der Markthalle Neun. Dort ging er den Grillern von Big Stuff zur Hand und erzählte irgendwann einem der drei Chefs der Halle von dem handwerklich gemachten Gourmet-Mozzarella seiner Heimat, den er so sehr vermisste. „Verkauf den Käse doch bei uns“, sagte der.

Adressen

White Out: Markthalle Neun, Eisenbahnstraße 42–43, 10997 Berlin, Di. und Fr. 12–18 Uhr, Do. 17–22 Uhr, Sa. 10–18 Uhr, www.facebook.com/whiteoutberlin

Feinste Käseerzeugnisse aus Deutschland verkauft der Affineur Fritz Lloyd Blomeyer in seinem Laden Blomeyer’s Käse,Pestalozzistraße 54a, 10627 Berlin, www.blomeyer.biz

Französische Käsespezialitäten findet man in der Gourmetabteilung der Galeries Lafayettes.Hier gibt es 190 Sorten aus allen Regionen. Französische Straße 23, 10117 Berlin, ­www.galeries­lafayette.de (us)

Und so gründete Salerno seine Firma White Out. Jede Woche fährt ein Mitarbeiter mit dem Lieferwagen die 1.800 Kilometer nach Paestum und wieder zurück. Die Gegend dort gilt als Mekka für Mozzarellaliebhaber. Seit Jahrhunderten werden dort Wasserbüffel gezüchtet und deren Milch zu Mozzarella, Ricotta und Joghurt verarbeitet. Aus einem der Landwirtschaftsbetriebe mit Wasserbüffelzucht, der Caseificio Barlotti, stammt der Käse, den Salerno verkauft.

Wie dort die Milch zu Mozzarella verarbeitet wird, hat ein Freund von ihm in einem Kurzfilm festgehalten, den man im Internet anschauen kann. Es ist ein berührendes Stück über kulinarisches Handwerk. Tatsächlich kommen bei den Käsern von Paestum keine Maschinen zum Einsatz. Mit weißen Schürzen und Plastikhäubchen stehen die Caseri vor hohen Metallbehältern voller Büffelmilch, prüfen die Temperatur und ziehen mit Holzstäben Linien in die erhitzte Masse, damit die Molke abfließen kann. Ganz vorsichtig, schließlich „muss der Käse atmen können wie der Mensch“, wie einer der Käser erklärt.

Mozzarella wird ähnlich wie Brühkäse hergestellt. Der Käsebruch wird stehen gelassen, dann aus der Molke gehoben, klein geschnitten und überbrüht. Die so entstandene elastische Masse wird dann Stück für Stück abgerissen und zu geschmeidigen Strängen geformt. Es sieht sehr beeindruckend aus, wie die Menschen mit den Plastikhäubchen auf dem Kopf in gleichmäßigen Bewegungen schweigend die Käsemasse aus dem Molkewasser ziehen, kneten und formen.

Dass ein solch hergestellter Käse anders schmeckt als hiesige Supermarktware, leuchtet ein. Die Büffelmilch hat eine intensivere Note als Kuhmilch, ist leicht säuerlich, fast nussig. Durch das Reißen entstehen verschiedene lockere Schichten, die den Mozzarella supersaftig machen und ihm die charakteristischen Nähte verleihen. 3 Euro verlangt Salerno für 100 Gramm handgemachten Büffelmozzarella.

Serviert wird der Käse pur mit Kräutern, Ochsenherztomaten und gutem Olivenöl. Essig ist tabu

Inzwischen hat sich die Qualität des Käses auch bei Gastronomen in Berlin herumgesprochen. Salerno beliefert einige Restaurants, unter anderen den Goldenen Hahn, mit seinem Büffelkäse. Dort schätzt man den kräftigen Eigengeschmack, sagt Chef Paolo.

Serviert wird der Büffelmozzarella ganz pur mit Kräutern, Ochsenherztomaten und einem guten Olivenöl. Essig, sagt Paolo, ist tabu.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen