Hermannus Pfeiffer über Steuerschlupflöcher für Investoren: Schäubles Langmut
Viele Jahre lang stellten sich die jeweiligen Bundesregierungen taub. Ausländische Aktionäre und ihre deutschen Handlanger in Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen kassierten Milliarden vom deutschen Fiskus. Nicht legitim, aber legal.
Die Möglichkeit der Steuervermeidung durch Dividendenstripping, „Cum-Ex“ und „Cum-Cum“ genannt, hatte die rot-grüne Bundesregierung von Gerhard Schröder und Joschka Fischer 2002 mit ihrer Unternehmensteuerreform eingeführt, um deutsche Aktien für ausländische Investoren attraktiver zu machen. Die Kosten für den Fiskus betragen etwa 12 Milliarden Euro, ist aus dem im Februar 2016 endlich konstituierten Untersuchungsausschuss des Bundestages zu hören. Der Ausschuss wurde auf Antrag der Grünen und der Linkspartei eingesetzt.
Bei aller Kapitalmarkthörigkeit früherer Bundesregierungen bleibt das Rätsel zu lösen, warum auch die Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU) sehenden Auges das riesige Steuerschlupfloch für amerikanische, britische und chinesische Finanzinvestoren offen ließen. Weil (angeschlagene) deutsche Banken mitkassieren durften? Möglicherweise wurden Finanzbehörden getäuscht; möglicherweise unterliefen zudem der Großen Koalition Merkel I handwerkliche Fehler bei dem Versuch, das rot-grüne Steuerschlupfloch zu stopfen.
Es bedurfte mehrerer Skandalisierungen in den Medien, damit obere Finanzbehörden und der Bundesfinanzhof in München vor drei Jahren wenigstens Cum-Ex-Deals stoppten. Cum-Cum-Geschäfte, bei denen Aktien verliehen und nicht verkauft werden, laufen aber weiter.
Im Februar brachte Schäuble eine Kabinettsvorlage ein, die dem asozialen Treiben einen Riegel vorschieben könnte. Die neue Regelung soll erst im Januar 2018 in Kraft treten. So viel Langmut ist schon einen Rücktritt wert.
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