: Ende eines Geschäftsmodells
Tourismus Die Zeiten, in denen man in Berlin mit Ferienwohnungen Geld verdienen konnte, gehen zu Ende. Ab Mai gilt ein landesweites Verbot dieser Vermietungen. Wer seine Wohnung trotzdem bei Plattformen wie Airbnb anbietet, riskiert bis zu 100.000 Euro Strafe
von Uwe Rada
Gerade erst hat Lukas Siebenkotten erfahren, dass in dem Berliner Mietshaus, in dem er wohnt, zwei Wohnungen als Ferienwohnungen vermietet werden. Seine Tochter hat es ihm verraten, sie hat die Wohnungen bei der Vermietungsplattform Airbnb entdeckt. Nun will Siebenkotten die zweckentfremdeten Wohnungen dem Bezirksamt Berlin-Mitte melden. Er ist zuversichtlich, dass die Behörden seine Beschwerde ernst nehmen. „Der politische Wille ist da“, sagt er.
Lukas Siebenkotten ist nicht nur Mieter in Berlin, er ist auch der Direktor des Deutschen Mieterbunds. Und als solcher würde er sich freuen, wenn auch andere Städte so eifrig gegen die illegale Vermietung von Ferienwohnungen vorgehen würden. „Berlin ist bei diesem Thema wohl der Vorreiter in Deutschland“, lobt Siebenkotten.
In der Hauptstadt gibt es bereits seit Mai 2014 ein sogenanntes Zweckentfremdungsgesetz, unter das neben der Umwandlung von Wohnungen in Büroräume auch die Vermietung von Ferienwohnungen fällt. Nur die Vermieter, die ihre Gewerbe bei den zuständigen Bezirksämtern meldeten, durften es im Laufe einer zweijährigen Übergangsfrist bis Ende April dieses Jahres weiter betreiben. Die meisten entschieden sich aber für den Weg in die Illegalität. Nur 6.300 Ferienwohnungen wurden in Berlin gemeldet. Laut einer Studie des Bezirksamts Mitte, das auch für die Wohnungen im Haus des Mieterbund-Direktors zuständig ist, werden berlinweit etwa 23.000 Ferienwohnungen angeboten. Allein über Airbnb werden in der Hauptstadt 11.700 Wohnungen angeboten, hat das studentische Projekt airbnbvsberlin.de der Fachhochschule Potsdam herausgefunden. Zum Vergleich: In München sind es 4.200 und in Hamburg und Köln unter 3.000 Wohnungen.
Bereits vor Ablauf der Übergangsfrist hat der Berliner Senat die Regelungen noch einmal verschärft. Wer erwischt wird, muss künftig mit einem Bußgeld von 100.000 Euro rechnen, bisher waren es 50.000 Euro. Darüber hinaus müssen Onlineplattformen wie Airbnb, Wimdu oder 9flats die Namen der Vermieter künftig an die Bezirksämter melden. Empörte Bürger wie Siebenkotten können Verdachtsfälle darüber hinaus auch online melden. Um dafür zu sorgen, dass auch genügend Personal den schwarzen Schafen auf die Pelle rücken kann, hat der Finanzsenator der klammen Hauptstadt zu den vorhandenen 34 Stellen noch einmal 30 Stellen dazu gepackt. Kritiker sagen allerdings, dass das immer noch zu wenig sei.
Weitaus weniger aktiv als Berlin sind die anderen deutschen Städte. In Hamburg ist zwar auch das Anbieten einer nicht genehmigten Ferienwohnung strafbar, doch das Bußgeld beträgt nur 50.000 Euro.
Eine besondere Situation gibt es in München, wo sich Anwohner verstärkt gegen den sogenannten Medizintourismus, vor allem aus arabischen Ländern, wehren. „In dem Fall sind viele Wohnungen oft monatelang belegt, da regen sich die Leute sehr auf“, sagt Anja Franz, die Sprecherin des Münchner Mietervereins. Franz beklagt, dass die Münchner Behörden bislang viel zu zögerlich gegen diese Form der Zweckentfremdung vorgehe. „Die sind lasch“, so Franz. Aber das sei auch kein Wunder, meint die Mietervertreterin. „München wirbt ja sogar im Ausland für den Medizintourismus.“
Nun soll eine Onlinepetition den Behörden auf die Beine helfen. „Wir wollen, dass endlich Bußgelder eingetrieben werden.“
In Berlin ist man da schon weiter. „Kein Eigentümer von Ferienwohnungen soll sich in dieser Stadt sicher fühlen“, sagte Berlins Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) vor Kurzem in einem Zeitungsinterview. In den 24.000 Ferienwohnungen sei Platz für 48.000 Mieter. Zum Vergleich: Berlin baut derzeit etwa 12.000 Wohnungen pro Jahr neu. Insgesamt gibt es in der Hauptstadt 1,9 Millionen Wohnungen.
Der Berliner Druck und die Strafandrohung von 100.000 Euro scheinen inzwischen auch Wirkung zu zeigen. Die Wochenzeitschrift Zeit meldet in ihrer neuesten Ausgabe, dass Airbnb offenbar gerade dabei sein, die Liste der Berliner Anbieter zu bereinigen. „Insgesamt ist die Zahl komplett vermieteter Wohnungen von 11.000 im Februar 2016 auf um die 6.700 im März gesunken“, so die Zeit.
Freuen dürfen sich dagegen diejenigen, die nur ein Zimmer in ihrer Wohnung vermieten. Nimmt dieses weniger als die Hälfte der Wohnungsfläche ein, ist das nämlich legal.
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