: Der Richter und sein Eichhörnchen
POLIZEI-OPFER
Entschädigung wird der Anti-Atom-Aktivist Niels M. wohl keine bekommen. Das Oberlandesgericht in Celle, genauer: der Zivilsenat für Amtshaftungen, machte am Donnerstag in der Verhandlung deutlich, dass er M.s Schmerzensgeldforderung gegen das Land Niedersachsen zurückweisen werde. Es geht um 25.000 Euro – und eine schwere Wirbelsäulen-Verletzung, verursacht durch einen Beamten der Bundespolizei.
Am 9. November 2010 war Niels M. einer von zahlreichen Protestierenden gegen den Castor-Transport ins atomare Zwischenlager Gorleben. Bei Laase im Wendland hatte der gelernte Baumpfleger eine Kiefer erklommen, um ein Transparent „Atomkraft tötet“ anzubringen. Einem Beamten der Bundespolizei-Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit „Blumberg“ passte das nicht: Er schoss aus fünf Metern Entfernung mit Pfefferspray auf Niels M.; dieser bekam Reizgas in die Augen, was ihm einen Schock versetzte. Aus fünf Metern Höhe fiel M. zu Boden, kam mit dem Rücken auf und erlitt einen Brustwirbelbruch.
Obwohl Zeugen den Polizisten identifiziert hatten, ordnete die Vorinstanz in Lüneburg den Pfefferspray-Einsatz einem anderen Beamten zu: Der aber befand sich weiter weg, sodass der Pfefferspray-Beschuss – und damit die Intensität von der Wirkung des Reizstoffes – nicht ursächlich für M.s Sturz gewesen sein könne. In Celle nun bezweifelte das Gericht gar, dass Niels M. überhaupt Pfefferspray abbekommen hat. Auf den Einwand von M.s Anwalt, ein Gutachten belege Rückstände an der damaligen Kopfbedeckung, erwiderte der vorsitzende Richter: „Auch ein Eichhörnchen fällt mal vom Baum.“
Das Urteil soll am 7. April ergehen. KVA
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