piwik no script img

Afghanen stranden in Griechenland

Flüchtlinge Weil Mazedonien nur Syrer und Iraker auf die Balkan-Route nach Europa lässt, sitzen Afghanen in Griechenland fest. Athener Regierung befürchtet, dass die Flüchtlingslager bald überfüllt sein werden

Aus Athen und Sarajevo Theodora Mavropoulos und Erich Rathfelder

Die griechische Polizei hat am Dienstag eine vor allem von afghanischen Flüchtlingen besetzte Eisenbahntrasse an der Grenze zu Mazedonien geräumt. Hunderte Migranten wurden mit Bussen ins Landesinnere abtransportiert. Für Syrer und Iraker öffnete Mazedonien seine Grenze dagegen wieder.

Die Afghanen hatten mit der Besetzung dagegen protestiert, dass ihnen seit dem Wochenende von Mazedonien der Grenzübertritt verwehrt wird. Die Entscheidung geht offenbar auf serbischen Druck zurück. In Belgrad monierten die Behörden die mangelhafte Registrierung der aus Mazedonien kommenden Flüchtlinge. Weil bereits zuvor Bürger anderer Staaten gestoppt worden waren, dürfen jetzt nur noch Syrer und Iraker mit entsprechenden Papieren die Grenze zu Mazedonien überschreiten.

Die Afghanen sitzen nun in Griechenland fest. Giannis Mouzalas, griechischer Minister für Migrationsangelegenheiten, beklagte, damit verstoße Mazedonien gegen eine in Brüssel getroffene Vereinbarung, nach der die Grenzen mindestens bis zum 6. März offen zu lassen seien. Die Flüchtlingskrise zeige, dass einige Länder nicht mit europäischem Gedanken gemeinschaftlich agieren, sagte Mouzalas.

Nach Angaben der UN-Flüchtlingshilfe UNHCR kamen in diesem Jahr mehr als 105.000 Menschen von der Türkei übers Meer nach Griechenland, um von dort nach Europa zu gelangen. 27 Prozent von ihnen stammten aus Afghanistan.

Jeder zweite ­Flüchtling stammt aus Afghanistan

In den letzten Wochen ist der Flüchtlingszustrom angestiegen. So kamen allein in der vergangenen Woche über 4.000 Menschen auf den griechischen Inseln an. Von ihnen stammen etwa 2.000 aus Afghanistan.

Der Chef der europäischen Grenzschutzagentur Frontex erwartet für 2016 keine Verringerung des Flüchtlingszuzugs. Wenn in diesem Jahr so viele Migranten kämen wie im vergangenen, „dann würde ich sagen, dass das kein schlechts Jahr wäre“, sagte Fabrice Leggeri am Dienstag in Berlin.

„Noch ist ausreichend Platz in den Camps in Athen und Thessaloniki“, sagte ein Sprecher des griechischen Migrationsministeriums. Doch es wisse keiner, wie sich das weiterentwickle. Falls die Grenzen für die Flüchtlinge aus Afghanistan weiterhin geschlossen blieben, werde der Zustrom aus dem Land nicht plötzlich abreißen. Dann würden die Camps in Thessaloniki und Athen schon ihre Kapazität überschreiten. „Wir werden dann auf Ausweichmöglichkeiten zurückgreifen, die jetzt schon in Planung sind“, sagte der Sprecher. Die Menschen würden auch dann eine Unterkunft vorfinden. Doch vorerst versuche man, eine diplomatische Lösung mit Mazedonien zu finden, damit das Land die Grenze für Afghanen wieder öffnet.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen