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Eine Gefahr für die nationale Sicherheit namens Kadyrow

Russland Opposition legt Bericht zu Präsidentvon Tschetschenien vor. Der macht, was er will

MOSKAU taz | Es knallte laut und Dollarnoten segelten von der Decke. Unechte, versteht sich. Ob es zum Drehbuch gehörte, war nicht ganz klar. Redner Ilja Jaschin ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Der Chef der oppositionellen Partei Parnas trug weiter aus dem Bericht über die „Gefahren für Russlands nationale Sicherheit“ vor. Er wollte auf keinen Fall Zeit verlieren, als hätte er etwas geahnt. Im Visier der Untersuchung steht der Republikchef von Tschetschenien, Ramsan Kadyrow. Am Tag vor der Präsentation war im Parnas-Büro bereits eine Bombendrohung eingegangen. Nach einer Viertelstunde gab es auch am Dienstag wieder Bombenalarm. Ilja Jaschin bewahrte Ruhe. Die einzige echte Bombe halte er in der Hand, sagte er und streckte den Bericht in die Höhe. Im Eiltempo spulte er noch das Wesentliche ab, bevor Ordnungshüter die Veranstaltung auflösten.

Jaschin hatte sich vor einem Jahr entschlossen, Kadyrows Einfluss in Russland nachzugehen. Sein Freund und politischer Wegbegleiter Boris Nemzow war Ende Februar 2015 unterhalb der Kremlmauer erschossen worden. Das sei für ihn der entscheidende Grund gewesen. Die Ermittlungen brachten schnelle Ergebnisse. Als sich die Spur nach Tschetschenien erhärtete und ins Umfeld des tschetschenischen Despoten führte, seien die Ermittlungen jedoch zum Erliegen gekommen, meint Jaschin. Die Killer sitzen fest, Auftraggeber und Organisatoren des Verbrechens kommen ungeschoren davon. Eines von neun Kapiteln befasst sich mit dem Mord an Nemzow. Auch die Morde an der Journalistin Anna Politkowskaja, der Menschenrechtlerin Natalja Estimorowa und anderen werden noch mal ins Gedächtnis gerufen. Eins haben alle gemein. Nicht ein Mord wurde aufgeklärt.

Der Bericht wartet nicht mit sensationellen Neuigkeiten auf. Er systematisiert und frischt längst Vergessenes wieder auf. Unter dem Strich steht die Einsicht: Die Kaukasusrepublik ist nur nominell noch ein Teil der Russischen Föderation. Ramsan Kadyrows Sicherheitsdienste ordnen sich nicht den föderalen Einheiten unter. Auch außerhalb Tschetscheniens sind sie unantastbar und in kriminelle Machenschaften verstrickt.

Mit dem Wissen Wladimir Putins schuf dessen Ziehsohn eine 30.000-köpfige Armee, die von einem früheren russischen Geheimdienstmann trainiert wird. Bilde Moskau nicht künftige Gegner aus?, fragt Jaschin. Die Kämpfer sind die einstigen separatistischen Rebellen, die von Kadyrow amnestiert wurden und ihm ergeben sind. Auch das Finanzgebaren der Elite von Grosny werde nicht wie in anderen russischen Regionen überprüft. Moskau wolle den kaukasischen Despoten nicht reizen. Die Mechanismen der Korruption mit staatlichen Mitteln sind in Moskau bekannt.

Dass Tschetschenen genötigt sind, monatlich in den Achmat-Kadyrow-Fonds einzuzahlen, der nach Ramsans Vater benannt ist, ignoriert Moskau. Auch dass die Herrschenden sich vornehmlich aus diesem bedienen. Zum Abschluss stellt der Bericht noch die entscheidende Frage. Verfolge Ramsan das Ziel, aus der Föderation wieder auszuscheiden?

Verfolgt Kadyrowdas Ziel, aus der Föderation wieder auszuscheiden?

Klaus-Helge Donath

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