piwik no script img

Kommentar Feuerpause in SyrienBeidseitiger Kontrollverlust

Eine Waffenruhe in Syrien ist mittlerweile im Interesse Washingtons und Moskaus. Doch würden die anderen am Krieg Beteiligten mitmachen?

Hat sich mit seinem russischen Kollegen verständigt: John Kerry am Sonntag in Amman, Jordanien. Foto: ap

Kommt nun endlich eine Feuerpause in Syrien? Und die ungehinderte Versorgung von über 4,5 Millionen notleidenden Menschen? Die Worte „vorläufig“ und „grundsätzlich“, mit denen US-Außenminister Kerry die mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow erzielte „Verständigung“ beschrieb, lassen nur gedämpften Optimismus aufkommen.

Aber es gibt triftige Gründe dafür, dass die Regierungen in Washington und Moskau inzwischen an einer Feuerpause interessiert sein könnten: Beide verlieren zunehmend an Einfluss und Kontrolle über ihre jeweiligen Verbündeten im Syrienkonflikt.

Assad hat dem unter Mitwirkung Russlands erstellten Friedensfahrplan für Syrien letzte Woche öffentlich eine Absage erteilt, er proklamiert die militärische Rückeroberung des gesamten syrischen Territoriums. Washingtons Nato-Verbündeter Türkei eskaliert den Krieg gegen die syrischen Kurden, die von den USA wiederum als Bodentruppen zur Bekämpfung des „Islamischen Staats“ benötigt werden.

Es droht eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Türkei und Russland, durch die die USA und die anderen Nato-Staaten ungewollt unter Druck geraten könnten, Ankara militärischen Beistand leisten zu müssen.

Es droht eine direkte militärische Konfrontation zwischen der Türkei und Russland

Auch der westliche Verbündete Saudi-Arabien droht immer unverhohlener, mit seiner Luftwaffe oder gar mit Bodentruppen aufseiten der salafistischen Oppositionsmilizen in den Krieg einzugreifen. Worauf der Iran wahrscheinlich mit einer verstärkten militärischen Unterstützung von Assads Regierungstruppen reagieren würde.

Die Gemengelage in Syrien ist viel komplizierter als in den Stellvertreterkonflikten, die die USA und die ehemalige Sowjetunion während des Kalten Krieges ausgefochten haben. Sollten sich Washington und Moskau tatsächlich endgültig und verbindlich auf eine Feuerpause einigen, ist völlig offen, ob sich auch all die anderen am Syrienkrieg beteiligten Akteure daran halten werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!