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Sagenhaftes Wertstoffgesetz

Ressourcen Was landet künftig alles im gelben Sack – und wer darf ihn einsammeln? Fünf Bundesländer machen jetzt im Bundesrat Umweltministerin Hendricks Druck

Wenn der Fuchs kommt, fliegt das Zeug durchs Land: gelbe Säcke in Brandenburg Foto: Patrick Pleul/dpa

von Heike Holdinghausen

BERLIN taz | Die halbe griechische Sagenwelt kann einem einfallen, folgt man den aktuellen Diskussionen über das Wertstoffgesetz. So wie der Streitwagen des phrygischen Königs Gordios mit dem Joch unlösbar verbunden war, so verknotet sind die Konfliktparteien der Abfallwirtschaft. Gleich dem korinthischen König Sisyphos, der immer wieder denselben Felsen den Berg hinaufrollte, wiederholen öffentliche und private Entsorgungsunternehmen, Bund, Länder und Gemeinden ihre Argumente.

Den gordischen Knoten hat ja angeblich Alexander der Große durchschlagen, insofern wollen wir die Griechen wieder lassen, sonst wird Franz Untersteller zum Feldherr. Der grüne Umweltminister von Baden-Württemberg bringt nämlich am Freitag, zusammen mit vier weiteren grün mitregierten Bundesländern, einen Entschließungsantrag in den Bundesrat ein, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, ein Wertstoffgesetz zu verabschieden.

Ein solches Gesetz steht seit Jahren auf der Agenda und soll die in die Jahre gekommene Verpackungsverordnung ablösen, die uns gelbe Säcke und Tonnen beschert hat; hinein kommen dort Verpackungen aus Metall oder Kunststoff, nicht aber Spielzeuge, Bratpfannen oder Schuhe aus gleichem Material. Diese „stoffgleichen Nichtverpackungen“ landen bisher überwiegend im Restmüll und werden verbrannt. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft wäre es, sie zusammen mit den Verpackungen einzusammeln, nach Kunststoffsorten zu sortieren und dann neues Granulat daraus zu machen. Da sind sich – bis auf die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen – auch alle einig. Aber wer soll sammeln, sortieren und verwerten? Da ist Schluss mit Einigkeit.

Der Vorschlag aus Baden-Württemberg versucht einen Kompromiss: Die Gemeinden sollen zuständig sein, die Wertstoffe einzusammeln, die beiden anderen Leistungen würden von einer „zentralen Stelle“ ausgeschrieben. „Wir lassen die Kommunen mit ihrer bürgernahen Vor-Ort-Präsenz die Sammlung organisieren und überlassen es dem Wettbewerb, wer die Wertstoffe sortiert und verwertet“, so Untersteller. Mit der zen­tralen Stelle entstünde zwar eine neue Behörde, doch die elf Dualen Systeme, die bislang für die Entsorgung des Verpackungsmülls zuständig seien, kosteten jährlich über 100 Millionen Euro – „das bekommen wir besser und günstiger hin“, so Untersteller. Die Dualen Systeme würden damit überflüssig.

Die kommunalen Verbände sind mit dem Vorstoß der fünf Bundesländer zufrieden. Er biete eine gute „Kompromisslinie“, sagt Reinhard Sager, Präsident des deutschen Landkreistages.

Kommunen und private Versorger streiten sich um das lukrative Geschäft

Unzufrieden ist die private Entsorgungswirtschaft. „Es gibt eine Tendenz zur Rekommunalisierung, der Markt für uns wird kleiner“, sagt Jörg Lacher vom mittelständischen Branchenverband bvse. Und der Bundesverband der deutschen Entsorgungswirtschaft warnt gar vor „parteipolitischen Spielereien zulasten des Recyclings“. BDE-Präsident Peter Kurth: „Wollen wir Deutschlands führende Rolle beim Recycling verteidigen, brauchen diejenigen, die über 90 Prozent der Anlagenstruktur für hochwertiges Recycling verfügen, klare und verlässliche Rahmenbedingungen“.

Ebenfalls unglücklich schaut das Bundesumweltministerium heute auf den Bundesrat. Ministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte im Herbst einen eigenen Arbeitsentwurf für ein Wertstoffgesetz vorgelegt. Darin sind nicht nur höhere Recyclingquoten vorgeschrieben – 72 statt 36 Prozent des Abfalls müssten stofflich verwertet werden. Zudem wird das Prinzip der Produktverantwortung – wer eine Verpackung in Umlauf bringt, ist auch für ihre Entsorgung zuständig – auch auf andere Kunststoffe und Metalle ausgeweitet.

„Es ist schade, dass es in der Debatte jetzt nur noch darum geht, wer die Wertstoffe einsammeln und verwerten darf. Das ist ein Streit zwischen Lobbyisten“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Für die Verbraucher ist das eine irrelevante Frage. Aber für die Umwelt wäre es schlecht, wenn daran das Vorhaben scheitert. Der Bundesrat kann die Regierung allerdings zu nichts verpflichten; er signalisiert ihr nur, dass sie keine Mehrheit hat.

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