Kommentar zum Konto für alle: Bitte nur genehme Kunden
Die Institute wollen keine Kunden, die ihnen kaum Geld bringen – und suchen deswegen nach fadenscheinigen Gründen, sie abzulehnen.
S ie können es einfach nicht lassen: Auch auf den letzten Metern – das Konto für alle ist schon fast beschlossene Sache – wettern Banken und Sparkassen gegen die Pläne. Ein Einfallstor für Geldwäsche, wahnsinnig viel Aufwand, und überhaupt sei das doch alles viel zu kurzfristig. Als ob das Recht auf ein Konto nicht schon seit Jahren debattiert würde und die entsprechende EU-Richtlinie nicht auf 2014 datierte. Und als ob die paar Euro, die Geflüchtete vom Staat bekommen, noch im großen Stil für Geldwäsche oder Terrorfinanzierung taugen würden.
Die scheinheilige Argumentation zeigt: Die Institute haben schlichtweg keine Lust auf Kunden, die ihnen potenziell Arbeit machen und dabei kaum Geld mitbringen. Der ideale Kunde hat einen regelmäßigen Geldeingang, verursacht keine großen Kosten wie etwa eine Pfändung und ist trotzdem immer ein bisschen im Minus – schließlich sind die Dispozinsen den Banken eine willkommene Einnahmequelle.
Diese Haltung wäre womöglich zu verschmerzen, wenn das Leben ohne Konto hierzulande nicht so ein Problem wäre. Wohnung, Internet, Arbeitsplatz – ohne Konto gibt es im besten Fall schräge Blicke. Im Normalfall dann eben keinen Vertrag. Kein Konto – mit dem Menschen kann doch was nicht stimmen.
So entsteht ein Teufelskreis. Ohne Konto kein Einkommen, ohne Einkommen kein Konto und alles, was daran hängt. Schon jetzt passiert es regelmäßig, dass Institute KundInnen, denen eigentlich ein Konto zusteht, abweisen. Zum Beispiel Geflüchteten, die auch mit Duldungsdokument statt Ausweis ein Konto eröffnen dürfen, in der Praxis aber meist mit fadenscheinigen Begründungen abgewiesen werden.
Deshalb ist es um so wichtiger, dass Kunden und Verbraucherschützer den Banken genau auf die Finger schauen, wenn es um die Umsetzung geht. Und das Recht auf ein Konto notfalls einklagen.
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