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Der nächste SchrittEin Plan für die Neu-Berliner

AUSBLICK Die Flüchtlinge kommen nicht nur, sie bleiben auch. Wie sie in die Stadtgesellschaft integriert werden, ist das große Thema des neuen Jahres – und dürfte auch bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im Herbst die entscheidende Rolle spielen

Von Susanne Memarnia

2015 war das Jahr der Flüchtlinge – 2016 wird unter demselben Stern stehen. Die eigentlichen Herausforderungen hat Berlin dabei noch vor sich: Zehntausende Asylbewerber, von denen viele lange oder für immer hier bleiben werden, müssen – zusätzlich zu den ohnehin in die Stadt drängenden NeuberlinerInnen – in die Gesellschaft integriert werden. Sprich: Sie brauchen Wohnungen, Sprachkurse, Arbeit, Kita- und Schulplätze. Davon, dass Bezirke und Landesregierung diese Aufgaben gut meistern werden, ist nicht auszugehen. Zu schlecht war das Flüchtlingsmanagement der Stadt im vergangenen Jahr, zu vieles in Politik und Verwaltung liegt im Argen. Positiv formuliert: Es kann fast nur noch besser werden.

Beispiel Wohnraum

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hat den Kern der Sache in einer Talkshow kürzlich so formuliert: „Alles diskutiert sehr aufgeregt über die Erstaufnahmen, aber das eigentlich spannende Thema ist: Was machen wir die nächsten Jahre mit den Menschen?“ Derzeit leben Zehntausende in Sporthallen und anderen Notunterkünften wie den Hangars in Tempelhof, dem ICC, der Knobelsdorf-Kaserne – unter teils unzumutbaren Bedingungen. Klar ist: Lange können sie dort nicht bleiben. Klar ist aber auch: Es gibt nicht genügend reguläre Gemeinschaftsunterkünfte für sie, von Wohnungen ganz zu schweigen.

Zur Lösung des Problems hat der Senat bislang vor allem auf sogenannte modulare Unterkünfte für Flüchtlinge gesetzt. Bis zu 30.000 dieser Wohnungen in Leichtbauweise wollte Stadtentwicklungssenator An­dreas Geisel (SPD) bis Ende 2016 bauen lassen. Das waren schon letzten Sommer, als die Idee präsentiert wurde, weit weniger als benötigt. Im Dezember stellte sich zudem heraus, dass sich die Pläne verzögern werden, weil von den 60 geplanten Standorten bisher nur ein Teil gefunden ist.

Beispiel Schule

Ein Thema, das im kommenden Jahr stärker in den Fokus rücken wird, sind Kita- und vor allem Schulplätze. Derzeit gehen rund 7.000 Kinder von AsylbewerberInnen in die sogenannten Willkommensklassen. Nach einigen Monaten, wenn sie genügend Deutsch sprechen und verstehen, sollen sie in die Regelschulen integriert werden. Doch die Schulen und Bezirke sind auf diese große Zahl überhaupt nicht vorbereitet. Im Gegenteil: Schon jetzt gibt es immer wieder Klagen über zu wenig Räume und LehrerInnen. Woher beides kommen soll, hat der Senat bislang nicht verraten.

Beispiel Verwaltung

Eine zusätzliche Großbaustelle in Sachen Flüchtlinge hat der zuständige Senator Mario Czaja (CDU) kürzlich selbst eröffnet: Er will dem krisengebeutelten Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) seine Aufgaben im Flüchtlingsbereich – Regis­trierung, Unterbringung, Leistungsgewährung – wegnehmen und dafür eine eigene Behörde, das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, gründen. Eigentlich keine schlechte Idee, alle für Flüchtlinge relevanten Belange zusammenzuführen.

Doch ist eine so weitreichende Verwaltungsreform mitten in der größten Verwaltungskrise machbar? Viele Stimmen – von den Grünen bis zu den Wohlfahrtsverbänden – warnen bereits vor zusätzlichem Chaos. Ob es so kommt, wird man bald sehen: Ab Februar oder März soll das neue Amt seine Arbeit aufnehmen. Intern geht man allerdings offenbar davon aus, dass sich der offizielle Start der neuen Behörde bis zum Sommer hinziehen wird.

Beispiel Arbeitsmarkt

Die vielen Flüchtlinge werden die Stadt in vieler Hinsicht verändern. Noch mehr Menschen werden sich um die ohnehin raren günstigen Wohnungen reißen, auch die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, gerade dem für einfache Tätigkeiten, wird wohl zunehmen.

Dafür wird die Stadt mit ihren multikulturellen Pfunden noch mehr wuchern können: Menschen mit Arabischkenntnissen etwa werden zunehmend gefragt sein, ebenso bestimmte Dienstleistungen wie etwa arabische Caterer und Supermärkte. Auch für Berufe wie beispielsweise DeutschlehrerInnen für Ausländer wird es eine größere Nachfrage geben. Es werden neue Beziehungen, Netzwerke, Vereine und kommerzielle Firmen entstehen, die sich um die Verständigung zwischen Alt- und NeubürgerInnen bemühen werden.

Die Frage, wie die Stadt mit den NeuberlinerInnen umgehen soll, will und wird, gehört zu den Kernfragen des neuen Jahres – und dürfte auch das bestimmende Thema vor der Abgeordnetenhauswahl im Herbst sein.

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