: Kein Ende in Sicht für den fünfzehnjährigen Krieg
Afghanistan Der Bundestag ist einverstanden, die Bundeswehr bleibt auch 2016 am Hindukusch
Ursprünglich war vorgesehen, dass Deutschland und die Nato-Partner ihre Soldaten im kommenden Jahr aus den afghanischen Provinzen nach Kabul verlegen. 2017 hätten sie das Land dann komplett verlassen können. Aber da die afghanische Armee die Sicherheitslage noch nicht unter Kontrolle hat und die Taliban im September sogar kurzzeitig die Stadt Kundus zurückeroberten, haben die beteiligten Staaten diesen Plan verworfen.
„Die Ankündigung, dass wir uns im nächsten Jahr aus der Fläche zurückziehen würden, ist nicht ohne Wirkung geblieben. Sie hat die afghanischen Regierungstruppen teilweise entmutigt und die Taliban ermutigt“, sagte von der Leyen am Donnerstag im Bundestag. Der ursprüngliche Zeitplan sei zu ehrgeizig gewesen und werde nun an die Situation im Land angepasst.
Laut dem neuen Mandat darf die Bundeswehr in Afghanistan künftig bis zu 980 Soldaten einsetzen, das sind 130 mehr als bisher. Im Rahmen der Nato-Mission „Resolute Support“ sollen sie in erster Linie Soldaten der afghanischen Armee ausbilden.
Eine direkte Beteiligung an Kämpfen ist zwar ebenso wenig vorgesehen wie im bisherigen Mandat. Neu ist aber, dass die deutschen Soldaten ihre afghanischen Kollegen während laufenden Operationen begleiten dürfen. Die Auflage, nur im Rahmen von „Besprechungen, Abstimmungsgesprächen und Konferenzen“ zu beraten, entfällt.
480 Abgeordnete stimmten dafür, den Bundeswehreinsatz entsprechend auszuweiten, 112 Abgeordnete waren dagegen.
Vor allem bei der Opposition stießen die Pläne der Großen Koalition auf Kritik. Die Linksfraktion stimmte geschlossen gegen das Mandat. Die Verteidigungspolitikerin Christine Buchholz sagte: „Mit diesem Mandat werden deutsche Soldaten die afghanische Armee im Einsatz begleiten. Die Regierung nennt das Beratung; wir nennen das Beteiligung am Krieg.“
Frieden in Afghanistan lasse sich nicht durch militärische Hilfe von außen erzwingen. Stattdessen solle Deutschland die politischen Probleme Afghanistans angehen und aufhören, die „korrupte afghanische Regierung“ im Amt zu halten.
Auch die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger machte die afghanische Regierung für die Gewalt im Land mitverantwortlich. „Die Akteure treiben das alte Spiel der Machtkämpfe, der Klientelpolitik und der Korruption weiter. Diese Art der schlechten Regierungsführung ist seit Jahrzehnten eines der zentralen Probleme und auch ein Grund, warum die Situation heute so düster ist.“ Der Militäreinsatz ergebe unter solchen Bedingungen keinen Sinn – zumal die Ausbildung afghanischer Soldaten an der Sicherheitslage zumindest kurzfristig überhaupt nichts ändere.
Während Brugger und 30 weitere Abgeordnete der Grünen das Mandat ablehnten, stimmten 19 Mitglieder der Fraktion mit Ja, 8 enthielten sich. Die Abgeordnete Marieluise Beck begründete ihre Zustimmung in einer persönlichen Erklärung. Sie sagte, das Militär müsse „manchmal als letzte Option die Voraussetzungen für den zivilen Aufbau schaffen“.
Insgesamt hat der Bundestag nun schon fünfzehnmal über den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan abgestimmt. Das erste Mandat genehmigte er 2001. Den Kampfeinsatz im Rahmen der Isaf-Mission beendete er im vergangenen Jahr.
Tobias Schulze
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