Tempelhofer Feld:
Not ready for take-off

Flüchtlinge Bremsen SPD und CDU den Senat, wenn es um die Nutzung des Feldes geht? Im Parlament deutet sich das an

Noch steht auf dem Tempelhofer Feld – nichts! Foto: Foto:Bernd von Jutrczenka/dpa

von Stefan Alberti

Die CDU-Fraktion ist skeptisch, die SPD zumindest nicht begeistert: Nach der Parlamentssitzung vom Donnerstag scheint es fraglich, ob die Koalition tatsächlich bereits am 10. Dezember das Bauverbotsgesetz für das Tempelhofer Feld ändert. Das strebt der Senat an, um auf dem früheren Flugfeld Flüchtlinge unterbringen zu können.

CDU-Vizefraktionschef Stefan Evers hielt es zwar nicht für vermittelbar, das Tempelhofer Feld dafür nicht zu nutzen. Für Eile sah er aber keinen Grund: Für die vom Senat im konkret geplante Traglufthalle gebe es „definitiv andere Aufstellungsorte“, und die übrigen Flächen sei ja nur als Reserve gedacht (siehe Karte).

„Besser hätte man kein Misstrauen schüren können“

Stefan Evers, CDU

Der rot-schwarze Senat hatte sich Dienstag auf die Gesetzesänderung geeinigt. Die Initiative „100% Tempelhofer Feld“ sieht darin eine Missachtung des Volksentscheids vom Mai 2014 und den Versuch der SPD, dort doch noch Bebauung durchzusetzen. Der Änderungsentwurf sieht am Feldrand, befristet bis Ende 2019, vier Standorte für Flüchtlingsunterkünfte vor: die Traglufthalle am Tempelhofer Damm, den nördlichen Rand östlich des Flughafengebäudes und zwei Flächen auf Neuköllner Seite. CDU-Mann Evers kritisierte, wie der Senat bislang mit der 100-%-Initiative umgeht: „Besser hätte man kein Misstrauen schüren können.“

In der Halle sollen 700 bis 800 Menschen unterkommen. Rund 2.500 Flüchtlinge nächtigen bereits in drei der Ex-Flugzeughallen, den Hangars. Bis März sollen auch die übrigen vier Hangars belegt sein, mit einer ähnlich großen Zahl von Menschen. Grüne und Linkspartei nannten am Donnerstag weit höhere Zahlen: Klaus Lederer (Linke) sprach von 10.000 bis 12.000 Menschen, mit denen der Senat plane, Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek von bis zu 15.000. Diese Zahl soll Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) nach Kapeks Darstellung gegenüber Vertretern der Bezirke genannt haben. Geisels Sprecher bestritt das gegenüber der taz: Der Senator habe solche Zahlen nicht erwähnt.

Alle Oppositionsredner hielten dem Senat vor, er hätte erst alle anderen Unterbringungsmöglichkeiten prüfen sollen, bevor er auf das Tempelhofer Feld zurück greift. Linken-Politiker Lederer zählte als Beispiele auf: Das „Haus der Statistik“ am Alexanderplatz, ein Ex-Bundesinstitut in Dahlem und das frühere Bundesinnenministerium. Das Gebäude am Alex hatte allerdings die als Haushaltspolitikerin mit den Immobilien vertraute Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Paus jüngst als sehr sanierungsbedürftig und Beispiel dafür bezeichnet, wo man besser abreiße und neu baue. Zum Innenministerium sagte Sozialsenator Mario Czaja (CDU), man wolle es ja nutzen, doch der private Eigentümer wolle es nur für Büronutzung vermieten.

Aber auch die SPD-Sozialpolitikerin Ülker Radziwill gab nicht zu verstehen, dass ihre Fraktion die Feld-Änderung abnicken werde. Über das Ob und Wie werde man jetzt beraten, sagte sie neutral. Von ihrem Vorredner Lederer, letztes Wochenende zum Spitzenkandidaten für Abgeordnetenhauswahl 2016 gekürt, grenzte sie sich allerdings scharf ab: Der habe „eine Wahlkampfrede auf dem Rücken der Geflüchteten“ gehalten.